Homepage: Karsten Schuldt - Gender Studies - Männerbundkonzepte

Das charismatische und das strukturelle Männerbundkonzept

Inhalt
0. Einleitung
1. Männerbünde in der Geschichte
1.1 Natur und Führung der Gesellschaft
1.1.1 Die "Wilden" als Referenzobjekt in der Gesellschaftsanalyse
1.1.2 Die Formierung von Männerbünden in einer patriachalen Gesellschaft
1.2 Karriere des Männerbundbegriffes
1.2.1 Kaiserreich(e)
1.2.2 Weimarer Republik
1.2.3 Nationalsozialismus
1.3 Ab- und Eingrenzung
1.4 Definitionsversuch
1.4.1 Aufbau
1.4.2 Feindbilder
1.4.3 Aufgabenzuschreibungen
2. Differente Männerbundkonzepte
2.1 Der charismatische Männerbund
2.2 Der strukturelle Männerbund
2.3 Zusammenführung
2.3.1 Der Mann im Männerbund
2.3.2 Rituale
2.3.3 Möglichkeiten und Grenzen der beiden Konzepte
3. Schluss
Tabelle 1 / Versuch einer Systematisierung
Literatur
Anmerkungen

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0. Einleitung

Nicht oft, aber dennoch regelmäßig, wurde in den letzten Jahren im angeblichen Bedeutungszuwachs von Männerbünden eine gefährliche Entwicklung wahrgenommen. HELMUT BLAZEK beschwört zum Beispiel in seinem populär-politischen Buch zu diesem Thema die Gefahr einer kurz bevorstehenden reaktionären Wende.

Je mehr die Entsinnlichung und Sinnentleerung [der Gesellschaft] vorangetrieben wird, in desto größerem Ausmaß werden die vergangenheitsorientierten und reaktionären Denk- und Lebenskonzepte von Männerbünden bzw. von ‚bündischen’ Gemeinschaften reaktiviert werden [...]. Überdies schafft die Utopielosigkeit - nicht die der Jugendlichen, sondern die der Politiker und Intellektuellen - ein geistiges Vakuum, in das hinein rückwärtsgewandte Ideologen stoßen können. [1]

Und zwei linke Initiativen beschreiben in einem längeren Aufruf studentische Korporationen, die heute als Prototyp von Männerbünden gelten, als

Eliteausbildungsstätte[n], die ihre Mitglieder intern nach einem völkischen, biologistischen und anti-egalitären Weltbild erziehen und diese durch ihre Netzwerkfunktion an wichtigen Plätzen in der Gesellschaft platzieren können. Gleichzeit[i]g stellen sie heute einen wichtigen Teil der Neuen Rechten und bilden eine Schnittstelle zwischen der Radikalen Rechten und dem rechtskonservativen Spektrum. [2]

Daneben beschreiben vor allem feministische Soziologinnen und Soziologen gesellschaftliche Strukturen als männerbündisch [3], wieder andere identifizieren Anteile männerbündischer Ideologeme in der Literaturgeschichte [4].

Es entsteht so der Eindruck, als sollten mit dem gleichen Begriff unterschiedliche Phänomene beschrieben und analysiert werden. Dabei stellt sich die Frage, ob solch ein Vorgehen überzeugende Ergebnisse liefern kann, ja sogar, ob es überhaupt gerechtfertigt ist.

Im Folgenden soll dieser Frage nachgegangen werden. Wie und in welcher Form wird der Begriff Männerbund verwendet? Was ist bei diesen Ansätzen nachvollziehbar, was nicht und wie ließe sich vielleicht durch eine Spezifizierung der Begrifflichkeiten dieses Konzept nutzbringender anwenden?

Dazu soll im ersten Teil die Geschichte des Männerbundbegriffes nachgezeichnet, sowie auf unterschiedliche Definitionen und Anwendungen eingegangen werden. Im zweiten Teil soll versucht werden die beiden einflussreichsten Verwendungsformen des Männerbundkonzeptes getrennt voneinander zu diskutieren. Dazu werden die Begrifflichkeiten charismatischer Männerbund und struktureller Männerbund eingeführt. Sollte sich herausstellen, dass durch eine solche Aufteilung der mögliche Erkenntnisgewinn steigt, wäre für eine differenzierte Forschung viel gewonnen. Diese Aufteilung soll allerdings mit einer Zusammenführung beendet werden, um die Differenzen, aber auch die Gemeinsamkeiten der beschriebenen Männerbundvorstellungen zu fassen. [5]

Mit den in diesen Analysen gefundenen Ergebnissen soll abschließend ein kritischer Blick auf die vorhandene Forschung über Männerbünde geworfen werden. Zu fragen ist, was diese bisher geleistet hat, welchen Begriff vom Männerbund sie jeweils verwendet und ob sie nicht vielleicht den Begriff so sehr geweitet oder verengt hat, dass ihre Ergebnisse nur beschränkt aussagekräftig sind.

1. Männerbünde in der Geschichte

In den letzten Jahren des Deutschen Kaiserreiches und der Österreich-Ungarischen Doppelmonarchie wurde die Idee und der Begriff des Männerbundes populär, welcher sich nach dem Ersten Weltkrieg in der dann bestehenden Weimarer Republik und dem neuen Österreich zu einem der Hauptthemen der Ethnologie und der Soziologie, aber auch anderer Wissenschaften und nicht zuletzt zum Teil der Selbstdarstellung unterschiedlicher Gruppierungen entwickelte.

Die Jungmännerbünde erwiesen sich [in den 1920er Jahren] [...] als zentral wichtige Kategorie der sozial-kulturellen Lebensordnungen, deren wachsende Bedeutung für die Entfaltung der männlichen Persönlichkeit völlig unabweisbar erschien. [6]

Diese Bünde galten als gesellschaftserhaltende Organisationsformen, welche sich durch homosoziale Strukturen, ritualisierte Verhaltensformen und durch ein binäres Denken auszeichneten. Jenes dichotome Denken teilte die Welt in Massen und Elite, in Zivilisation und Natur, in alt und neu, in vergänglich und ewig [7]. Dabei sollten die Bünde die bewahrenden, natürlichen Ausbildungsorganisationen der männlichen Mitglieder der Elite darstellen, die in ihnen geschützt, gefördert und gefordert die Aufgabe der Gesellschaftsformung und -führung erlernen würden.

Im Zuge der Gleichschaltungspolitik wurden auch diese Bünde nach 1993 in die nationalsozialistischen Massenorganisationen eingegliedert, so sie sich nicht zuvor selbst aufgelöst hatten. Daran ändert auch die bündische Struktur der frühen Hitlerjugend und die Übernahme von bündischen Symboliken, Ritualen und Sozialformen durch diese nichts [8].

Ungeachtet dessen, dass die Alliierten nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches eine Großzahl der Organisationen, die sich selber vor 1933 als männerbündisch bezeichnet hatten, eine Neugründung mit dem Argument untersagten, dass diese Vorläuferorganisationen der nationalsozialistischen Gruppierungen gewesen seien, bleibt der Begriff auch in den darauf folgenden Jahrzehnten zumindest in der Soziologie relativ populär, um dann am Anfang der 1960er Jahre aus der Diskussion zu verschwinden. Mit dem Aufkommen der so genannten Neuen Frauenbewegung aus der Studierendenrevolte von 1968 heraus wurde der Begriff Männerbund wieder verwendet. Allerdings galt er jetzt als Kampfbegriff, der zur Klärung der Frage, wie und warum Frauen aus bestimmten Positionen der Gesellschaft ausgeschlossen blieben, beitragen sollte.

Während die letztere Verwendung des Begriffes Männerbund auch in anderen Ländern im Rahmen der dortigen Frauenbewegung nachzuweisen ist, fällt dies bei der erstgenannten Verwendung schwieriger. GISELA VÖLGER und KARIN V. WELCK, die 1990 eine größere Ausstellung zu diesem Thema kuratierten, konstatierten im einleitenden Katalogtext: "Typischerweise fand der Terminus [Männerbund] in keiner anderen Sprache ein Äquivalent, was unsere Verhandlungen mit ausländischen Autoren und Leihgebern für dieses Buch und diese Ausstellung nicht gerade erleichterte." [9]

Die Durchsicht der beiden Bände dieses Kataloges macht dies eindrucksvoll sichtbar. Wirkliche Männerbünde, die denn oben beschrieben Kriterien gerecht werden, finden sich, außer in Deutschland und Österreich, gerade einmal unter den Buren in Südafrika, die sich am deutschen Rassismus orientierten [10]. Mit Ausnahme zwei biologistischer Artikel [11] weisen ansonsten alle anderen darauf hin, dass die jeweils beschriebenen Bünde aus aller Welt gerade keine richtigen, originären Männerbünde seien. Dem Anspruch, eine kritische Revision des bisherigen Männerbundbegriffes in der Ethnologie zu ermöglichen, kann das Buch auf diese Weise nur schwer nachkommen. Den Schritt, Männerbundtheorie als verfehlt abzulehnen, gehen die Macherinnen dann allerdings auch nicht. [12] Immerhin halten sie die Erkenntnis fest, dass es "[n]irgends [...] mehr Männerbünde als in der ‚westlichen’ Welt [gibt]." [13]

BERND WIDDIG untersucht, wenn er von Männerbünden spricht, nur deutschsprachige Werke [14] und JÜRGEN REULECKE spricht explizit nur vom deutschen WANDERVOGEL und weißt auf Spezifika hin, die deutsche bündische Jugendgruppen von nicht-deutschen Jugendgruppen am Anfang des 20. Jahrhunderts unterschieden hätten [15]. Ähnliches deutet auch GEORGE MOSSE an, wenn er den bündischen Gruppen eine besondere Rolle bei der Entwicklung eines geistigen Klimas zuschreibt, welches letztlich den Nationalsozialismus hervorbringen und tragen konnte. [16]

Offensichtlich handelt es sich bei dem Konzept des Männerbundes um eine in Deutschland und Österreich, im Gegensatz zum Rest der Welt, äußerst populäre Vorstellung, die sich nicht nur in der Literatur niederschlug, sondern ebenso politisch relevant wurde.

1.1 Natur und Führung der Gesellschaft

1.1.1 Die "Wilden" als Referenzobjekt in der Gesellschaftsanalyse

Erst 1902 führte HEINRICH SCHURTZ das Konzept des Männerbundes in die Ethnologie ein. [17] Er hatte als Ethnologe und Mitarbeiter des Bremer Kolonialmuseums unterschiedlichste "Völker", und dabei vor allem deren Gesellschaftssysteme untersucht, und war dabei - angeblich sogar für ihn selber überraschend - zu dem Ergebnis gelangt, dass es so genannte Männerbünde gäbe, die sich als anthropologische Konstante in jeder Gesellschaft wieder finden ließen. Diese hätten eine gesellschaftserhaltende Funktion. Die explizite Exklusion der Frauen hätte - so die Vorstellung SCHURTZ’ - die Funktion, eine regierungs- und entscheidungsfähige Gruppe zu formen. Dabei führte er neben der Form der homosozialen Gruppe weitere Charakteristika an, die sich in unterschiedlichen Formen bei allen Männerbünden wieder finden lassen sollten.

Jede dieser Gruppen, so die Behauptung, hätte einen eigenen Raum, bei SCHURTZ Männerhaus genannt, wäre intern hierarchisiert, besäße sowohl Initiations- als auch andere Rituale und würde vor allem ein "geheimes Wissen" [18] verwalten. Zudem seien diese Gruppen Familienersatz, sie würden, genauer gesagt, die Familien überwinden.

Dass dieses Konzept ernst genommen wurde, hatte seinen Grund in zeitgenössischen gesellschaftlichen Diskussionen. So waren die 1890er und frühen Jahre des 20. Jahrhunderts die Zeit eines weit verbreiteten Jugendkultes. Auch wenn das Konzept der Jugend schon einige Jahrzehnte vorher formuliert worden war, setzte es sich in diesen Jahren in größeren Teilen der Gesellschaft durch. Jugend hieß jetzt die Zeit zwischen dem Ende der elementaren Schulbildung und dem Beginn der Berufausbildung. Durch die langsame Expansion der Ausbildungszeiten, die aufgrund der ökonomischen Entwicklungen notwendig wurde, weitete sich dieser Zeitraum immer weiter aus und nicht nur bürgerliche, sondern auch die ersten Generationen von Arbeiterkindern, konnten diesen Zeitraum als Lebensabschnitt wahrnehmen. [19]

Dabei wurde die Jugend reichlich unterschiedlich wahrgenommen. Zum einen galt sie als Bedrohung der bürgerlichen Ordnung und Moral. Das Ausprobieren eigener Lebenskonzepte in den zugestandenen Freiräumen gab zu der Befürchtung Anlass, dass sich die Gesellschaft in ihrer Jugend gleichsam ihre Überwinder selber züchtete. [20] Gleichzeitig galt diese Jugend aber auch positiv gedeutet als Neuer der Gesellschaft. Gemeinsamer Punkt solcher Bewertung ist die Erwartung, in der jeweiligen Jugend eine eigenständige Kraft zu finden, welche die Möglichkeit zur Veränderung in sich trägt.

Zudem war Deutschland erst einige Jahre zuvor Kolonialmacht geworden. Dies ging mit einem Aufschwung der Ethnologie einher. Der Anspruch einer besonderen Mission der deutschen Kolonialmacht in ihren Schutzgebieten, welcher bis weit ins linke politische Lager hinein geteilt wurde, führte zu einer eingehenden Beschäftigung mit außereuropäischen Ethnien. Es ging dabei allerdings nicht um ein reines Erforschen, sondern um eine Darstellung der "Wilden", welche es zu Kulturvölkern emporzuheben gälte. [21]

Um die Jahrhundertwende trat dann die erste Generation Deutscher in Beruf und gesellschaftliche Stellung, die vollständig im 1871 gegründeten Deutschen Kaiserreich aufgewachsen waren. Diese Generation der "Zuspätgeborenen" wuchs in einer Gesellschaft auf, in der die bürgerliche Forderung nach einem größeren Nationalstaat durch den Adel verwirklicht worden war [22]. Das es nicht das Bürgertum war, welches diesen Sieg davongetragen hatte, unterschied Deutschland von anderen europäischen Staaten. Während anderswo bürgerliche Ideale zum Grundkonsens der Gesellschaft wurden [23], hatte das deutsche Bürgertum sich größtenteils mit der Situation arrangiert, zwar einen signifikanten Teil der wirtschaftlichen Macht zu tragen, nicht aber die politische. Während die Generationen vor ihnen noch die Erinnerung an die Einigungskriege geprägt hatte, wuchsen die bürgerlichen Söhne, welche um 1900 eine gesellschaftliche Stellung anstrebten, in einer zwiespältigen Situation auf. Einerseits mit bürgerlichen Ansprüchen versehen, hatten sie doch kaum Hoffnung, in größerem Maße machvolle Positionen zu erreichen. [24]

Jedenfalls waren im Gesellschaftsgefüge des kaiserlichen Deutschland bis 1918 die Repräsentanten "alter" Familien, die nahezu ein Monopol der hohen Beamten-, Offiziers- und Diplomatenschulen hatten, sowohl an gesellschaftlicher Macht wie an gesellschaftlichen Rang den kapitalistischen unzweideutig überlegen. [25]

Das ist auch ein Grund für die von Panik gezeichneten Reaktionen auf die langsam sich konstituierende Arbeiterbewegung und die erste Frauenbewegung. In anderen Staaten konnten die Gesellschaftsinterpreten des Bürgertums diese Bewegungen mit einem anderen Gestus wahrnehmen. In Deutschland erschien ihre bloße Existenz als fundamentaler, lebensbedrohlicher Angriff. Insoweit konnten die bürgerlichen Söhne sich sowohl ausgeschlossen, als auch extrem gefährdet wahrnehmen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass es sich hauptsächlich um die männlichen Jugendlichen und jungen Erwachsenen handelt, denen überhaupt die Möglichkeit einer relativ autonomen Jugend eingeräumt wurde und auf welche die beschriebenen Tendenzen Einfluss hatten. Weibliche Jugendliche waren bestenfalls indirekt betroffen.

Als SCHURTZ die von ihm erforschten Männerbünde beschrieb, machte er vor allem dieser Jugend ein zeitgenössisches Identifikationsangebot. Dabei ist es nicht einmal wichtig, ob er dies intendierte. Der angeblich natürliche Bund der Männer, der Elite, die sich von den sie bedrohenden Resten der Gesellschaft abgrenzten, um zu richtigen Männern zu werden, um gleichzeitig der Gesellschaft zu fliehen und sie zu verändern, wurde zum Symbol eines möglichen Ausstiegs. Zumal, und dies ist eine von SCHURTZ’ Leistungen, die fremden Gesellschaften als mögliches Vorbild für die deutsche Gesellschaft beschrieben wurde. [26]

Den Abgrenzungsbestrebungen der Jugend war auf diese Weise eine mögliche Form aufgezeigt worden. Dass sie gerade in Deutschland und Österreich auf fruchtbaren Boden fiel, mag nach dem oben Geschilderten verständlich geworden sein. Allerdings wäre es auch falsch, einen linearen Einfluss von SCHURTZ’ Theorie zu den entstehenden männerbündischen Gruppen und Bewegungen zu behaupten. Eher fand sich hier eine nachträgliche Erklärung für zeitgenössische Tendenzen, die erst später diese Rechtfertigung übernahmen.

Wichtig ist, dass mit dieser Männerbundtheorie für gesellschaftliche Institutionen eine angeblich a-historische und a-gesellschaftliche Erklärung gefunden wurde, welche gegen jeden Einwand in Anschlag gebracht werden konnte. Da Männerbünde natürlich und überall auf der Welt zu finden waren, so die bald folgende Argumentation, waren sie auch über jede demokratische oder an egalitären Zielen ausgerichtete Kritik erhaben.

1.1.2 Die Formierung von Männerbünden in einer patriachalen Gesellschaft

Den Männerbünden schrieb SCHURTZ, wie erwähnt, eine gesellschaftstragende Funktion zu. In ihnen, so seine These, würden die wichtigen Entscheidungen einer Gemeinschaft getroffen oder aber zumindest die Männer ausgebildet, die solche Entscheidungen zu treffen hatten.

Neben den beiden strukturellen Formationen Gemeinschaft und Gesellschaft, welche gerade erst durch die Soziologie beschrieben worden waren, bot SCHURTZ eine dritte Gruppierungsform innerhalb der Gesellschaft an. Vor allem durch die theoretische Privilegierung der Männerbünde entstand dabei eine absurde Situation. Alle europäischen Gesellschaften waren an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert patriarchal strukturiert. Der Ausschluss von Frauen aus allen wichtigen gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereichen war nahezu vollständig. [27] Innerhalb dieser Gesellschaften war die Jugend, wie oben beschrieben, bevorzugt. Ihr wurden immer weitreichendere Freiräume zur Verfügung gestellt.

Das sich gerade die bürgerlichen, männlichen Jugendlichen in dieser Position trotzdem unter Druck gesetzt fühlten und in ihrer Emanzipationsbewegung von der vorhergehenden Generation männerbündische Strukturen begründeten, führte zu der Situation, dass sich innerhalb der Elite eine weitere Elite herausbildete. [28] Dies kann als Sicherungsstrategie innerhalb einer nicht wirklich gefährdeten Schicht gedeutet werden. Abgewehrt wurden auf diese Weise Ansprüche sozialer Bewegungen, schon bevor diese eine relevante Kraft gewonnen hatten.

Nicht ausreichend wäre es gerade jugendliche Männerbünde auf diese Funktion zu reduzieren. Innerhalb dieser Gruppierungen herrschte die Überzeugung vor, sich selber zu großen Aufgaben, zu neuen Menschen zu erziehen. Insoweit waren und sind Männerbünde nicht nur ausschließend, sondern ebenso produktiv. [29]

1.2 Karriere des Männerbundbegriffes

1.2.1 Kaiserreich(e)

Es sollte klar geworden sein, dass der Männerbundbegriff, auch wenn er einer wissenschaftlichen Untersuchung entstammt, ein gesellschaftliches Konzept der Moderne darstellt. Selbstverständlich bot er Erklärungsansätze für gesellschaftliche Prozesse, ansonsten wäre er nicht so weit reichend verbreitet worden.

Dabei ist zu beachten, dass dieses Konzept speziell im Deutschen und im Österreichisch-Ungarischen Kaiserreich rezipiert wurde. Während homosoziale Männergruppen in anderen Ländern von der Wissenschaft in Einzeluntersuchungen betrachtet wurden, galten sie in Deutschland und Österreich als staatstragend.

Dazu trugen auch drei Phänomene bei. Zum einen entstand im Kreis um STEFAN GEORGE eine populäre Gemeinschaft, die aus der Literatur heraus offenbar glaubwürdig einen elitären Anspruch formulieren und aufrechterhalten konnte. KLAUS VON SEE beschreibt die in diesem Zusammenhang formulierte Gedankenwelt, allerdings 1990, also mit dem Wissen um den Nationalsozialismus, wie folgt:

Gegen den bürgerlichen Zeitgeist, gegen Individualismus, Egalisierung und Bürokratisierung sollte der Männerbund-Gedanke die irrationalen, schöpferisch-intuitiven Kräfte wiedererwecken: eine neue ‚Ergriffenheit’, einen Instinkt für Herrschaft und Autorität und ebenso eine Bereitschaft zur Bindung, zu Dienst und Opfer […]. [30]

Zweitens wurde in der so genannten Eulenburg Affäre, die in der Hauptsache von 1907 bis 1909 stattfand, der engste Kreis um KAISER WILHELM II. als ein mächtiger Männerbund bekannt. [31] Auch wenn die Diskussionen zu Beginn homophob inspiriert waren und von einigen bürgerlich-liberalen Intellektuellen offenbar zur Diskreditierung des Adels benutzt werden sollten, setzte sich mit der Zeit das Bild eines homosozialen Bundes als notwendige Führungsinstanz gesellschaftlich durch. [32]

Das dritte maßgebliche Phänomen, das zur Verbreitung des Männerbundkonzeptes beitrug, war die bündische Jugend, deren populärste Gruppierung der WANDERVOGEL darstellte. Diese Gruppen waren erst durch die weiter oben beschrieben Freiräume, die der Jugend langsam zugestanden wurden, möglich geworden. Inspiriert von wenig älteren Pädagogen und Studierenden fanden sich Jugendliche, um auf gemeinsamen Wanderungen den negativ gezeichneten Großstädten zu fliehen und im gemeinsamen Erlebnis sich dem einfachen Volk anzunähern. Diesen Aktivitäten, die durch gemeinsames Kochen, Übernachtungen, Lagerfeuern, Lieder und erste Ansätzen von Uniformierungen gekennzeichnet waren, wurden erlösende und befreiende Wirkungen zugeschrieben.

Dabei sollten drei Dinge nicht vergessen werden. Auch wenn diese Gruppen aus Jugendlichen bestanden, können sie nicht als wirkliche Protestbewegung gegen die früheren Generationen verstanden werden. Fast immer wurden sie von Erwachsenen inspiriert und hofiert. [33] Zweitens ging es darum, ein einfaches und besseres Leben auf dem Land vorzufinden, aber dieses gab es dort nicht. Vielmehr fanden die Jugendlichen das, was sie finden wollten. Die positiven Bilder eines nicht-großstädtischen, selbstorganisierten Daseins, welches in den Liedern, Gedichten und Erzählungen der bündischen Jugend vor dem ersten Weltkrieg immer wieder auftaucht, war das Produkt der Jugend selber. Und drittens ist es falsch in dieser Frühphase die bündische Jugend als Männerbund zu bezeichnen. Schon bald nach der Gründung der ersten Wandervogel-Gruppe 1901 entstanden weibliche Wandervogelgruppen [34] und auch von gemischtem Wandern ist in den Quellen des Öfteren die Rede. [35] Das sich allerdings das Bild der wandernden jungen Männer durchsetzte, ist ein Ergebnis der allgemeinen geschlechtlichen Segregation der Gesellschaft. Wo Mädchen kaum Freiräume hatten, konnten sie sich auch dem WANDERVOGEL nicht anschließen.

1.2.2 Weimarer Republik

Während vor allem beim WANDERVOGEL und anderen bündischen Jugendgruppen ähnliche Organisationen auch in anderen Staaten als Deutschland und Österreich nachzuweisen waren und während diese Gruppen auch in Deutschland eine, wenn auch wichtige, so doch nicht hegemoniale Rolle in der Jugendkultur spielten, änderte sich dies nach dem Ende des Ersten Weltkrieges.

Die Gründung der Republik ging einher mit einer regelrechten Bewegung rechtsradikaler Gruppierungen. Während alle Länder, die an diesem Krieg direkt beteiligt gewesen waren, Schwierigkeiten hatten, die Frontsoldaten wieder in die Gesellschaft einzugliedern, misslang dies in Deutschland gänzlich und in Österreich kaum. Dabei war bedeutsam, dass es sich bei diesen beiden Staaten auch im die beiden größten Verlierer des Krieges handelte. In Deutschland wurde die Monarchie abgeschafft und lange sah es nach einer bevorstehenden Revolution nach sowjetrussischem Vorbild aus. Zudem wurde dem Land im Versailler Vertrag unter anderem Gebiete aberkannt und die Truppenstärke reduziert. Österreich wurde als moderner Staat überhaupt erst durch die Niederlage der Österreichisch-Ungarischen Monarchie geschaffen. Nicht nur, dass auch hier die Republik eingeführt wurde, gleichzeitig musste man Völkern, welche zuvor in einer niedrigeren Stellung gehalten wurden, die nationale Freiheit gewähren und sich auf einen Teil des Landes beschränken. In anderen Ländern konnte immerhin der Sieg über die Achsenmächte gefeiert werden.

Besonders in den östlichen Randgebieten des Reiches, die bald schon gar nicht mehr zur Republik gehörten, und den baltischen Staaten, fanden so genannte Freikorps, irreguläre Gruppen von Soldaten und vielmehr noch Offizieren, die jeweils um eine Führungsfigur gruppiert waren, bis 1920 ein Betätigungsfeld. Unterstützt vor allem durch die preußische Oberschicht lieferten sie sich einen imaginierten Kampf für Deutschland gegen Sowjetrussland. Dieser Kampf ging einher mit Greueltaten gegen die Zivilbevölkerung, die aus einer Elitenposition heraus legitimiert wurden. Nachdem sich auch Sezessionspläne zerschlagen hatten, kehrten die letzten Freikorps in ein Deutschland zurück, in welchem unterschiedliche Elitengruppen einen Kampf gegen die Republik, die Arbeiterbewegung und andere soziale Bewegungen führten. [36]

Diese mal mehr, mal weniger geheimen Gruppen, Bünde, Kleinstparteien, studentische und andere Korporationen waren nicht nur männlich dominiert, wie jede andere Vereinigung mit Ausnahme einiger Wohltätigkeits- und Frauenvereine, sondern trugen einen höchst elitären Gestus zur Schau. Mehr oder minder mit der Stabilisierung der Republik unter Rechtfertigungsdruck geraten, wurden nun erst in breitem Maße auf die Theorie des Männerbundes als notwendige Gesellschaftsinistitution zurückgegriffen. Diese Rezeption hatte zudem den Effekt, dass die Gruppen sich dem Ideal der Männerbünde annäherten.

Eine solche Annäherung an das männerbündische Ideal lässt sich gravierend bei der bündischen Jugendbewegung beobachten. Nach den Worten JÜRGEN REULECKES fand nach 1918 eine Uniformierung, Hierarchisierung und Ideologisierung der bündischen Gruppen statt. [37] Die aus dem Krieg zurückkehrenden und die auf den Krieg vorbereiteten, aber nicht mehr eingezogenen Jugendlichen formten die Bewegung nach dem Vorbild des Soldatischen um. Die zwei großen Erzählungen vom so genannten Augusterlebnis 1914, als sich die Nation in allgemeiner Begeisterung ob der Kriegserklärung befunden hätte und der Jugend von Langemarck, die im November 1914 das Deutschlandlied singend in einem Sturmangriff und damit in den sicheren Tod gegangen sei, welche in immer neuen Versionen kolportiert wurden, trugen dazu bei.

Die durchaus traditionsreiche Maxime, dass der Mann im Ernstfall zum Kampf bereit sein müsse, wurde seit dem ersten Weltkrieg zugunsten der Vorstellung erweitert, dass die Nation sich im Dauerkampf, also im ständigen Kriegszustand befinde: Aus dem temporären Kämpfer, der nach dem Krieg - wie in den anderen Nationen - den Soldatenrock wieder auszog, wurde so in Deutschland der Krieger zum männlichen Lebensberuf schlechthin. [38]

In diesem Zusammenhang muss auch die weitgehend positive Rezeption der Schriften HANS BLÜHERS, der zuvor auch im WANDERVOGEL nicht unumstritten war, gesehen werden. [39] Durch ihn wurde der homosoziale Eros zur konstituierenden Kraft der Männerbünde erklärt.

1.2.3 Nationalsozialismus

Als ADOLF HITLER 1919 in die spätere NSDAP eintrat war diese eine kleine, elitäre Partei. Eine der wichtigsten Eigenheiten, die zum Aufstieg des Nationalsozialismus beitrug, war die maßgeblich von Hitler durchgeführte Abkehr von diesen Strukturen hin zu einer Massenorganisation. Kurz gefasst wurde das Konzept elitärer Bünde durch das einer geführten Volksgemeinschaft ersetzt.

Dieser Paradigmenwechsel fand nicht linear statt. Es gab bis zur Machtergreifung 1933 einen beständigen Richtungsstreit innerhalb der NSDAP über die Gewichtung bündischer und volksgemeinschaftlicher Konzepte. Das sich sowohl die Hitlerjugend, als auch die SA in ihrem Aufbau zumindest an männerbündische Konzepte orientierten, war eines der Ergebnisse. Allerdings zeigt die soldatische Struktur der SS, dass es auch andere Möglichkeiten gab, eine homosoziale, elitäre Männergruppe zu bilden, ohne auf Männerbundkonzepte zurückzugreifen.

Bekanntlich führte das NS-Regime in den ersten Jahren seiner Herrschaft eine Gleichschaltungspolitik durch, bei welcher dem volksgemeinschaftlichen Paradigma folgend alle Gruppierungen außerhalb der NSDAP verboten oder zur Auflösung gezwungen wurden. So auch die bündische Jugend, studentische Korporationen und ähnliche Organisationen. Dies ist vielfach aus bündischen Strukturen heraus nach 1945 als Beweis ihrer Widerständigkeit angegeben worden. Das allerdings ist zu bezweifeln, denn trotz einiger Widerstandsgruppen, deren Mitglieder entweder eine bündische Vergangenheit hatten, wie die WEIßE ROSE, oder die sich entfernt an bündische Ideale anlehnten, wie die EDELWEISSPIRATEN oder die SWING-KIDS [40], hat es keinen wahrnehmbaren Protest gegen den Nationalsozialismus gegeben. [41]

1.3 Ab- und Eingrenzung

Männerbünde sind eine spezifische Form gesellschaftlicher Organisation, welche sich in relevantem Maße nur in zwei Staaten entwickelt haben. Es bedurfte einer charakteristischen Stellung des Bürgertums, das sich von mindestens zwei Seiten bedroht sah, einer Form der Ethnologie, die bei so genannten "Wilden Völkern" anthropologische Konstanten zu finden glaubte, sowie eines vor allem auf Abstammung und kulturelle Werte orientierten Nationalismus mit soldatischem Idealtypus als Leitbild, um solche Gruppierungen in größerem Maße hervorzubringen. [42]

Zudem spielten die unterschiedlichen nationalen Leitwerte eine unabweisliche Rolle bei der Genese der Männerbünde. Während zum Beispiel im Gründungsmythos der französischen Republik und der USA ein individuelles Freiheits- und Gleichheitsversprechen enthalten war, galten die Versprechen von Freiheit und Gleichheit in Deutschland als Kollektivgut. Ergebnis solcher Leitbilder war in Deutschland und Österreich die Orientierung an Kollektiven und damit einhergehend die relative Negierung der einzelnen Individuen. [43]

Es wäre allerdings verfehlt alle homosozialen Männergruppen in Österreich und Deutschland in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als männerbündisch zu bezeichnen. Wie am Unterschied von SA und SS zu sehen ist, bedarf es einer expliziten Betonung der Männlichkeit, ihrer Dramatisierung und dem Glauben, dass das Spezifische am Bund das Männliche sei, letztlich also die positiv konnontierte Übernahme des transformierten SCHURTZ’SCHEN Konzepts durch die jeweilige Gruppe, um von einem Männerbund zu sprechen.

Diese Einschränkung reduziert die Anzahl der in Frage kommenden Männerbünde erheblich. Neben der bündischen Jugend, die selbst in ihrer Hochzeit in den 1920er Jahren höchstens 100.000 Jugendliche umfasste [44] und den studentischen Korporationen, waren dies vor allem einige elitäre esoterische und künstlerisch orientierte Gruppen, sowie eine Anzahl von Soldaten- und Reservistenverbänden. Bezeichnend ist, dass diese Gruppen offenbar einen weit reichenden Einfluss auf die deutsche Gesellschaft ausüben konnten.

1.4 Definitionsversuch

1.4.1 Aufbau

Männerbünde befinden sich, wenn auch in unterschiedlichem Maße und mit unterschiedlichen Ansätzen, in Opposition zu egalitären, demokratischen Idealen. Dies schlägt sich in ihrem Aufbau nieder. Die Egalität im Bund wird verneint oder zumindest hierarchisiert, dass heißt erst ab einer bestimmten Position und für bestimmte Situationen zugestanden.

Insoweit weist jeder Bund eine interne Hierarchie auf, an der nicht gezweifelt wird. [45] Dabei sollte nicht vergessen werden, dass die einschränkenden Effekte dieses Aufbaus auf Individuen mit einer metaphorischen Erhöhung der einzelnen Person verbunden wird.

Der Bund ist dem Selbstverständnis nach mindestens eine symbolische Elite [46], teilweise mit dem Ziel zur Leistungselite zu werden. Es stellt sich allerdings die Frage, ob dies ein Spezifikum der Männerbünde darstellt oder nicht zumindest bei nahezu allen politischen Gruppierungen zu konstatieren ist.

1.4.2 Feindbilder

Jeder Männerbund zeichnet sich durch Exklusionen als Eliteorganisation aus. Der Anspruch einer Gesellschaftserneuerung oder einer Führungsschichtposition geht mit dem Zeichnen von Feindbildern einher. Fasste WIDDIG diese Dichotomisierungen abstrakt in "1. gegenwärtig versus vorherig, 2. neu versus alt, 3. vorübergehend versus ewig" [47], so zeigt eine genauere Betrachtung der männerbündischen Feindbilder sehr genau deren Herkunft aus der Moderne.

Zu nennen sind dabei vor allem die vier Bereiche Frauen, Massen, Judentum und Homosexualität.

Die Konstitution der Bünde als männliche funktionierte nur durch die Definition als nicht-weiblich. Dies lässt sich an den Diskussionen innerhalb der studentischen Korporationen seit der Zulassung weiblicher Studierender ebenso ablesen [48], wie an den aktiven Ausschlüssen von Mädchen bei den meisten bündischen Jugendgruppen seit 1918. [49]

Als selbsterklärte Elite hatten die Bünde fast immer ein hasserfülltes Verhältnis zum Rest der Gesellschaft, welche nahezu ohne Ausnahme differenzlos als Masse wahrgenommen wurde. Bezeichnend ist die Unkonkretheit dieses Feindbildes, dem einfach alles zugeschrieben werden konnte: Sozialdemokratie, Nichtwissen, Amoralität, Pazifismus.

Ein mit der SCHURTZ’SCHEN Originaltheorie nicht zu erklärendes Phänomen ist der Antisemitismus. Daran aber zeigten sich die meisten Männerbünde konsequent als Teil und Gegner der Moderne. Was dem modernen Antisemitismus, neben dem traditionellen Antijudaismus [50], als Quelle diente, war die Vorstellung, dass die Aufklärung und damit auch - so der Gedankengang - die ökonomische und soziale Entwicklung ein jüdisches Werk sei, da die Juden und Jüdinnen am meisten von diesen Fortschritten profitiert hätten. Insoweit bot das Judentum, verstanden als zusammenhängende Gruppe, eine Projektionsfläche für alle negativ wahrgenommenen Elemente der Moderne. [51]

Die Homosexualität stellt als Gefahr der "Ent-Männlichung" in jeder homosozialen Männergruppe ein zu diskutierendes Problem dar. Die Position zu diesem Punkt ist wohl die ambivalenteste. Während die meisten Männerbünde Homosexualität anfeindeten, entwarf BLÜHER ein Konzept, welches Homoerotik und Homosexualität von einander trennte und die Homoerotik als Eros zum festen und notwendigen Wert jedes Männerbundes, vor allem der Wandervogelbewegung, erklärte. [52]

1.4.3 Aufgabenzuschreibungen

Die Frage, welche Aufgaben die jeweiligen Bünde sich selbst zuschreiben, zeigt eine große Bandbreite möglicher Konzepte. Festzuhalten bleibt, dass sich offenbar alle Bünde Aufgaben, die über ihre bloße Existenz als Vereinigung hinausweisen, zuschrieben.

Studentische Korporationen, um das eine Extrem zu wählen, sahen sich als ergänzende Ausbildungsinstitutionen der Stützen des Kaiserreiches. Gesellschaftsverändernd wollten sie erst in der - von ihnen abgelehnten - Weimarer Republik agieren. Die bündische Jugend hingegen sah sich als eine Bewegung, welche die Gesellschaft wieder zu ihren natürlichen Wurzeln zurückführen könne. Sie wollte die vorhandene Ordnung stürzen.

2. Differente Männerbundkonzepte

Nach der strengen Eingrenzung der Männerbünde, stellte sich beim Versuch einer Definition heraus, dass es offenbar trotzdem zu differenzierende Bünde gibt. Die Frage ist, wie weit die angedeuteten Differenzen gehen. Deshalb soll versucht werden die beiden angeführten Beispiele bündische Jugend und studentische Korporationen getrennt voneinander zu betrachten.

2.1 Der charismatische Männerbund

Die noch vor der SCHURTZ’SCHEN populärste Männerbundtheorie stammt von HANS BLÜHER, deren wichtigste Elemente BERND WIDDIG zusammengefasst hat.

Blüher sieht die Familie als Hort des Weiblichen, männliche Ich-Identität wird daher nicht in der Familie vermittelt, sondern im sozial-erotischen Netz des Männerbundes. Er betont in diesem Zusammenhang immer wieder, dass die Liebe der Kameraden untereinander und vor allem gegenüber dem Führer eines solchen Bundes nicht auf einer patriarchalischen Struktur beruhe. Diese sei letztlich nur ein Produkt der Familie, während die Bindung in einem Männerbund aus der charismatischen Ausstrahlung eines homoerotischen Führers erwache. [53]

Der Bund ist für BLÜHER also eine autonome Institution, in welcher sich, angezogen durch den Eros eines Anführers, Männer, eher männliche Jugendliche, zusammen finden und das Weibliche der Familie ausschließen.

Wozu diese Bünde begründet werden, bleibt dabei unklar. Ihre faktische Existenz, die BLÜHER als Wandervogel erlebte, verband er mit der ethnologischen Behauptung, dass Männerbünde in allen Gesellschaften mit einem nahezu identischen Aufbau und nahezu gleichen Auftrag zu finden seien. Bindekraft hätten diese Bünde durch sublimierte Triebe. Dieses Konzept hatte er der noch relativ jungen Psychoanalyse, speziell der FREUDSCHEN Theorierichtung entlehnt. Allerdings ging es ihm weniger um die Analyse und Heilung von psychologischen Krankheitszuständen, wie dies FREUD antrieb, sondern um die Verlagerung der angeblich anthropologischen Konstanten, auf welcher der SCHURTZ’SCHE Männerbundbegriff beruhte, in die einzelnen Individuen hinein. [54]

Die bündische Jugend orientierte sich nach dem Ersten Weltkrieg [55] nahezu durchgängig an diesem Konzept. Der mann-männliche Eros wurde zum Leitkonzept, auch relativ liberale Bünde schlossen das geschlechtergemischte Wandern aus und wandelten sich zu rein männlichen Gruppen; das gemeinsame Wandern wurde zu einer kollektiven Rauscherfahrung erklärt, deren Aufgabe nicht mehr die individuelle Entwicklung der Mitglieder, sondern der Zusammenhalt und die Erziehung zu Kämpferfiguren war. Die Symbole und Verhaltensweisen, die sich bei dieser Jugendbewegung ebenso ausgebildet hatten, wie sie dies bei jeder anderen Jugendkultur auch tun, wurden zu Ritualen mit dem Ziel einer Aufrechterhaltung oder Konstituierung des Bundes erklärt. [56]

Gegen diese Entwicklung konnten auch der ständige Vorwurf der Homosexualität und immer neue Prozesse gegen Wandervögelführer nichts ausrichten. Wie bei JÜRGEN REULECKE als ehemaligen bündischen Jugendlichen oder heutigen studentischen Korporationen ist das Hauptargument gegen diese Vorwürfe die Behauptung, dass nicht in die jeweilige Bünde Integrierte deren internes Leben nicht nachvollziehen und verstehen könnten. [57]

Schwieriger ist die rückgreifende Bewertung älterer homosozialer Männergruppen als Männerbünde im BLÜHERSCHEN Sinn. So wurde der so genannte STEFAN GEORGE KREIS um den populären Dichter elitärer Lyrik, der in der Wende zum 20. Jahrhundert wirkte, zu einem solchen Bund erklärt. Zuvor war dieser bei MAX WEBER als Beispiel einer durch einen charismatischen Führer zusammengehaltene Gruppe [58], allerdings ohne die Idee eines triebhaften Eros, beschrieben worden; anderen galt er als Sekte. Dabei wurden nicht zu bestreitende Parallelen zwischen dem idealtypischen Männerbund und GEORGES Kreis hervorgehoben, die Differenzen, zum Beispiel, dass GEORGE mitnichten sich als einen "Wilden" im Sinne des kolonialen Denkens präsentierte, dagegen negiert. Einerseits ist dies konsequent. GEORGE galt mit seinem Jugendkult und seiner ablehnenden Haltung zu Massen als Ideengeber der bündischen Jugend, zudem war die Theorie BLÜHERS a-historisch angelegt. Andererseits ist im Rückblick offensichtlich, dass diese Inkorporierung GEORGES der Versuch einer Kontinuitätszeichnung durch die sich männerbündisch organisierenden Jugendgruppen darstellt.

2.2 Der strukturelle Männerbund

Die partielle, wenn auch kritisch gemeinte, Übernahme der BLÜHERSCHEN Gedanken stößt immer wieder an offensichtliche Grenzen. Gerade der Fakt, dass diese auf einen charismatischen Führer angewiesen sind, macht es entweder nötig, dass nur Teile dieses wirkungsmächtigen Konzeptes zur Charakterisierung von Männerbünden benutzt werden [59] oder aber Bünde nicht unter diesem Begriff subsumiert werden können [60].

Studentische Korporationen, welche in der deutschen Geschichte bis zum Nationalsozialismus eine treibende Kraft darstellten [61], können nicht mit diesem Konzept beschrieben werden. Sicher sind sie auch heute noch homosoziale Männergruppen [62] und ebenso bieten sie eine Gemeinschaft außerhalb der Familie an. Doch besitzen sie weder einen charismatischen Führer, noch sehen sie sich als gesellschaftsverändernde Kraft. [63]

Aufgabe einer studentischen Korporation ist es im Normalfall ihre Mitglieder für Positionen innerhalb der Eliten der Gesellschaft auszubilden. Es geht nicht darum, wie beim WANDERVOGEL, eine neue Form der Gesellschaft zu finden. Bestenfalls ist die aktive Zeit im Bund eine Übergangsphase. Zudem ist das Weiterbestehen der Bünde in den letzten 150 Jahren mittels der Durchsetzung des "Lebensbundprinzips" gesichert, welches die lebenslange Mitgliedschaft im Bund zur Voraussetzung des Beitritts erklärt. Dagegen ist die Bindung und Prägung der ehemaligen Wandervögel zwar des Öfteren betont, aber nie als konstituierende Norm festgeschrieben worden.

STEPHAN PETERS versucht sich dem Phänomen studentische Korporationen deshalb mittels sozialwissenschaftlicher Methoden zu nähern. [64] Er identifiziert dabei eine klare Ausbildungsstruktur innerhalb der Bünde, welche in einer Phase die neuen Mitglieder von der Gesellschaft abtrennt [65], ihnen in einer weiteren Phase eine Habitusentwicklung angedeihen lässt, welche elitär und gleichzeitig extrem hierarchie-orientiert sei, um die so erzogenen Mitglieder in einer dritten Phase wieder in die Gesellschaft zu entlassen.

Dieses Konzept, welches zudem die Dramatisierung und Reproduktion der Männlichkeit als Mittel der Abgrenzung und Herstellung eines klar strukturierten Raumes begreift, beweist, dass es für die Analyse zumindest einiger als Männerbund bekannter Gruppen nicht nötig ist, die Theorien BLÜHERS, inklusive der Vorstellung des mann-männliches Eros und der antihistorischen Triebtheorie, als Referenz heranzuziehen.

2.3 Zusammenführung

Dennoch gibt es auffällige Parallelen zwischen solchen Männerbünden, wie dem WANDERVOGEL und jenen, wie sie idealtypisch in studentischen Korporationen zu finden sind.

2.3.1 Der Mann im Männerbund

So sticht die homosoziale Orientierung, welche mit einer offensichtlichen Dramatisierung der Männlichkeit verbunden ist, als verbindendes Element hervor. Während allerdings ULRIKE BRUNOTTE dies als ein radikalisiertes Konzept der Moderne zeichnet [66], sieht STEPHAN PETERS dieses Verhalten für die Grenzziehung gegen die vermeintlich feindliche und fremde Welt als notwendig zur Konstituierung studentischer Korporationen an [67]. HELMUT BLAZEK diskutiert dieses Phänomen nicht, geht dafür allerdings, wenn auch eher indirekt, auf den Fakt ein, dass sich die meisten von ihm identifizierten Männerbünde, trotz BLÜHER, heteronormativ und homophob organisierten. [68] Die im Ausstellungskatalog von GISELA VÖLGER und KARIN V. WELCK vorgebrachten Betrachtungsweisen über die Funktion und Weise der Männlichkeitsproduktion in Bünden sind zahllos. [69]

Insoweit herrscht nur Einigkeit über den Fakt der Dramatisierung und die Annahme, dass dies eine Bedeutung haben müsse. Vielleicht sollte deshalb geklärt werden, ob es sich überhaupt um eine Variante der gesellschaftlich verbreiteten Männlichkeitskonstitution handelt, oder um etwas Spezifisches. Bisweilen kommt der Eindruck auf, dass Geschlechtlichkeitsproduktion in Männerbünden als Beispiel für die allgemeine der Männlichkeit im frühen 20. Jahrhundert gelten soll, gleichzeitig aber auch nicht. [70] Auffällig gut würde das Konzept JUDITH BUTLERS, welches sie Melancholische Identifizierung nennt, in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit der Neubewertung der innerbündischen Männlichkeitsdramatik bieten [71]. Ihrer Analyse nach würde die Notwendigkeit einer Verdrängung homosexuellen Begehrens und das Errichten von Grenzen gegen Erinnerungen an solche Begehren erst die Produktion der individuellen Männlichkeit ermöglichen.

2.3.2 Rituale

Eine andere Auffälligkeit ist die häufige Betonung von rituellen Handlungen in Männerbünden. Benannt werden vor allem Initiationsriten, Riten, die zur Versicherung und Reproduktion der Männlichkeit der einzelnen Mitglieder und der internen Bindungen der Bünde durchgeführt werden, sowie solche, die der Weitergabe und – mehr oder minder markierten – Verheimlichung des angeblichen "geheimen Wissens" dienen.

Während PETERS [72] diese Rituale als für das Erlernen des studentisch korporierten Habitus notwendig beschreiben kann, sind für BLAZEK [73] Rituale zwar konstituierend für Männerbünde, aber keine Diskussion wert. Auffällig ist bei REULECKE [74], dass es ihm sehr wohl möglich ist, Rituale und Symbole der bündischen Jugend zu benennen, andererseits nicht gelingt, diese als etwas von anderen Jugendkulturen unterschiedliches darzustellen. Letztlich bleibt das Problem bestehen, dass strukturell gleiche Rituale und Symbole bei anderen Vereinigungen ebenso zu finden sind. Richtig ist, dass die Rituale bei Männerbünden extensiv gelebt und propagiert werden. Hier allerdings weist ULRIKE BRUNOTTE darauf hin, dass dies erklärbar ist.

Im Grenzraum des kolonialen Diskurses um 1900 hat Heinrich Schurtz, mitten in die Krise der Repräsentation des Zweiten Deutschen Kaiserreiches, ein performatives, vom Ritual bestimmtes Modell rein männlicher Vergemeinschaftung entwickelt: den Bund der unverheirateten Jungen und Krieger. [75]

Insoweit ist die Überbetonung der Rituale Ergebnis des dichotomen Denkens von "edlen Wilden" und "verdorbener Zivilisation". Es ist deshalb zu fragen, ob die Konstatierung einer besonderen Ritualhaftigkeit der männerbündischen Vereine nicht eher die – relativ unreflektierte – Widerspiegelung des Selbstbildes dieser Gruppen darstellt. Zumindest bleibt bisher die spezifische Funktion männerbündischer Rituale gegenüber Ritualen in anderen Gruppierungen, namentlich jugendkulturellen [76], ungeklärt.

2.3.3 Möglichkeiten und Grenzen der beiden Konzepte

Männerbünde sind, auch wenn sie als Phänomen bekannt sind und sich an einigen Beispielen festmachen lassen, nur sehr unklar zu definieren und zu erforschen. Das Vorgehen, sich von dem Versuch einer allgemeinen Beschreibung zu lösen und einzelne Konzepte isoliert zu betrachten, ermöglicht es, die unter den jeweiligen Konzepten zu fassenden Bünde näher und differenzierter zu beschreiben.

Dabei kann es sein, dass sich durch die aus solchen klarer definierten Abgrenzungen ergebenen Analysen nur noch Aussagen über die sehr wenigen abgegrenzten Männerbünde zulassen. Die Frage ist, ob dies ein positiver Effekt ist. Fakt ist, dass sich bisher in Männerbünden kaum wirklich spezifisch eigenständige Konzepte wieder finden lassen. Eher scheinen die Bünde einige allgemeine gesellschaftliche Tendenzen radikalisiert zu reproduzieren. Eine mögliche These aus dieser Erkenntnis ist, dass das Konzept Männerbund in der Analyse der Gesellschaft überbewertet wurde. Sollte dies richtig sein, so würde die Vermutung auftreten, dass bisher nicht so offensichtliche Entwicklungen durch das Nachzeichnen der Männerbünde übergangen wurden.

BERND WIDDIG beschreibt zum Beispiel das Verhältnis von Männerbünden und Massen anhand literarischer Beispiele, geht aber letztlich immer wieder zu den offensichtlichsten Formen männerbündischer Äußerungen über [77]. Es bleibt zu fragen, ob er damit wirklich etwas über die Gesellschaft, oder nicht nur etwas über die Selbstbilder der männerbündischen Vertreter im frühen 20. Jahrhundert sagt.

Zu bedenken bleibt, dass Männerbünde ein Ergebnis der Moderne darstellen. Deshalb ist es richtig zu erwarten, dass sich in den ausformulierten und ausgelebten Konzepten, Tendenzen der Gesellschaft wieder finden lassen. Sowohl SCHURTZ, als auch BLÜHER und andere, die teils auf deren Schriften, teils auf die Organisationen, die sich an deren Konzepten orientierten, beriefen, schrieben nicht in einer ideologiefreien und unhistorischen Welt. Insoweit ist es richtig, grundlegende Merkmale von Männerbünden auch vor der Formulierung und Popularisierung des Begriffes bei homosozialen Gruppen zu beschreiben.

Falsch wäre es allerdings, diese als Männerbünde wahrzunehmen, wie sie sich in den ersten Jahren nach der Wende zum 20. Jahrhundert herausbildeten und dann nach 1918 eine wichtige Erscheinung in Deutschland und Österreich wurden. Wie beschrieben, hatten diese Gruppen eine spezifische Grundlage, die sich erst im späten Kaiserreich ökonomisch und gesellschaftlich entwickelte und letztlich in der Selbstzuschreibung einer völkischen Elite gipfelte. [78]

Dies nicht wahrzunehmen bedeutet, unterschiedliche Phänomene mit einem Konzept fassen zu wollen und dabei letztlich die Spezifika der einzelnen Gruppen nicht wahrnehmen zu können. Der hier gemachte Vorschlag mag auf die Konzeption zahlreicher Männerbundbegriffe hinauslaufen. Fakt ist aber, dass eine solche Konkretisierung einen größeren Erkenntnisgewinn gegenüber den bisherigen Ansätzen zur Beschreibung von Männerbünden zeitigen könnte. Diese uferten letztlich immer in einer Beschreibung der gesellschaftlichen Entwicklung anhand einiger Gruppen und Tendenzen, welche als grundlegende Beispiele wahrgenommen wurden, aus, welche letztlich die Entwicklungen skizzieren, aber nicht ausreichend beschreiben konnten.

3. Schluss

Es ist möglich eine Geschichte zu zeichnen, welche die Karriere des Männerbundbegriffes, ausgehend von HEINRICH SCHURTZ und seine Konstituierung in Gruppierungen in Deutschland und Österreich, darstellt. Insoweit besteht die Annahme, dass es spezifische Entwicklungen in diesen Ländern gab, welche dieses Konzept zu der Bedeutung verhalfen, die es erreichte.

Ebenso ist es möglich, einzelne Männerbünde in einer relevanten Anzahl von Punkten von anderen Männerbünden zu differenzieren. Deshalb erscheint es produktiver, sich mit ihnen auseinanderzusetzen, als die relativ globalen oder aber rein politisch orientierten Arbeiten, die bisher zu diesem Thema vorliegen. [79] Dabei besteht selbstverständlich die Gefahr, dass die Differenzierungen zu starr gezogen werden und dabei die Kontextualisierung unterlassen wird. Allerdings stellt sich die Frage, ob bisher die Kontextualisierung gelungen ist, oder ob nicht eher den Selbstbildern der Männerbünde zu sehr vertraut wurde und sie – wenn auch unter negativen Vorzeichen - als die Elite gezeichnet wurden, als die sie sich selber gesehen hatten. Bei einer genaueren Betrachtung der Bünde hat sich kein wirklich charakteristisches Merkmal finden lassen, dass sie von anderen gesellschaftlichen Sonderbewegungen, wie Jugendkulturen oder Sekten, unterschieden hätte.

Eventuell, so der Verdacht, sind bisher weniger die gesellschaftlichen Strömungen, welche das Männerbundkonzept ermöglichten, analysiert und dafür mehr die Geschichte der Männerbünde geschrieben worden.

Tabelle 1 / Versuch einer Systematisierung

 charismatischer Männerbundstruktureller Männerbund
zugedachte StellungElite contra AndereElite contra Andere
GeschlechterverhältnisHomosozialHomosozial
AufgabeVorbildfunktion und Refugium,GesellschaftsveränderungErziehungsfunktion, Gesellschaftsbildend
KörperbildAusleben der NatürlichkeitKörperliche Zurichtung
Zieleverhältnismäßig unklardefiniert
FührerbildReal vorhandenImplizit
FrauenbilderAmbivalent, vor allem bei längerem Bestehenstatisch durch ständige Reproduktion
Feindbilderrelativ wechselbarklar umrissen
SelbstbilderIntern umstritten und wandelbarAusdefiniert
RitualeFunktion des ZusammenhaltsErziehung und Hierarchisierung
GewinneUnklare BonitätssystemeKlare Bonitätssysteme
Anmerkungen

1 HELMUT BLAZEK / Männerbünde : Eine Geschichte von Faszination und Macht. - Berlin : Aufbau Taschenbuch Verlag, 2001 ; 340. [zurück]

2 INITIATIVE.BURSCHIS.AUFESSEN ; HUMMEL-ANTIFA, ANTIFASCHISTISCHE HOCHSCHULGRUPPE DER HUMBOLDT UNIVERSITÄT ZU BERLIN / der vergessene teil der deutschen elite : zur geschichte und bedeutung studentischer korporationen ; aufruf zum antiburschenschaftlichen spaziergang im oktober 2004. - www.burschis.de.vu und www.hummelantifa.de.vu, Zugriff: 01.07.2005. [zurück]

3 Zum Beispiel STEPHAN HÖYNG ; RALF PUCHERT / Die Verhinderung der beruflichen Gleichstellung : männliche Verhaltensweisen und männerbündische Kultur. - Bielefeld : Der Kleine Verlag, 1998. – [Wissenschaftliche Reihe ; 108]. [zurück]

4 Vgl. BERND WIDDIG / Männerbünde und Massen : Zur Krise männlicher Identität in der Literatur der Moderne. - Opladen : Westdeutscher Verlag, 1992. [zurück]

5 Dabei soll es nicht um die polemische Verwendung des Männerbundbegriffes durch die feministische Bewegung seit den 1970er Jahren gehen. Diese versucht das Phänomen homosozialer Strukturen in politischen, ökonomischen und kulturelle Positionen zu beschreiben, aus denen Frauen praktisch konsequent ausgeschlossen werden. So wichtig dieser Terminus politisch war und ist, beschreibt er doch etwas anderes, als die hier diskutierten konkreten, nämlich abstrakte Strukturen. [zurück]

6 RENÉ KÖNIG / Blickwandel in der Problematik der Männerbünde. - In: VÖLGER / V. WELCK (1990) - Band 1, XXVII. [zurück]

7 Vgl. neben KÖNIG (1990), vor allem BERND WIDDIG (1992), Kapitel 1 und 2, sowie ULRIKE BRUNOTTE / Männerbünde zwischen Jugend und Totenkult : Ritual und Communitas am Beginn der Moderne. - In: Britte Lichesi ; Kocka von Stuckrad [Hrsg.] / Religion im kulturellen Diskurs : Festschrift für Hans G. Kippenberg zu seinem 65. Geburtstag. - Berlin ; New York : Walter de Gruyter, 2004. [zurück]

8 Vgl. JÜRGEN REULECKE / "Ich möchte einer werden so wie die ..." : Männerbünde im 20. Jahrhundert. - Frankfurt [am Main] ; New York : Campus Verlag, 2001. - [Geschichte und Geschlechter ; 34], der - wenn auch als nach 1945 bündisch Aktiver sehr befangen - dies anhand der bündischen Jugend darstellt. Seiner Einschätzung nach wurden spätestens mit der Machtergreifung, allerspätestens mit der Zerschlagung der SA, die bündischen Elemente der Idee der rassistischen Volksgemeinschaft untergeordnet. [zurück]

9 GISELA VÖLGER ; KARIN V. WELCK / Zur Ausstellung und zur Materialiensammlung. - In: VÖLGER / V. WELCK (1990). - Band 1, XXIII. [zurück]

10 Im Dachverband DEUTSCHE BURSCHENSCHAFT sind zudem fünf chilenische Bünde - über ein Freundschaftsabkommen - organisiert. Hier liegt allerdings, ohne eine nähere Untersuchung, der Verdacht nahe, dass es sich um explizit an deutsch/österreichischen Burschenschaften orientierte Bünde handelt, nicht zuletzt, weil ausnahmslos alle die Beherrschung und Pflege der Deutschen Sprache und Kultur zum Beitrittskriterium erheben. Auffällig ist hierbei, dass die Existenz dieser Gruppen bei den Auseinandersetzungen in der DEUTSCHEN BURSCHENSCHaft zwischen rechten und liberalen Bünden um die Aufnahme österreichischer Bünde, die letztlich zu einer Gründung des liberaleren Dachverbandes NEUE DEUTSCHE BURSCHENSCHaft führten, kein Thema war. Dies legt den Verdacht nahe, dass deren Mitgliedsstatus, im Gegensatz zu den österreichischen Bünden, unumstritten war. Vgl. DIETRICH HEITHER / Verbündete Männer : Die Deutsche Burschenschaft ; Weltanschauung, Politik und Brauchtum. - Köln : Papy Rossa Verlag, 2000. [zurück]

11 Die Autoren dieser beiden Artikel nennen ihr Vorgehen dagegen "soziobiologisch" und behaupten, ihre Erkenntnisse seien Allgemeingut, das nur von einigen "Gleichheitsfanatikern" angegriffen wird. Das sollte jedoch als die Diskussionstrategie erkannt werden. Die Beschreibung sozialer Verhaltensweisen als genetische Evolutionsgeschichte bleibt eine biologistische, auch wenn sie umbenannt wird. Vgl. LIONEL TIGER / Männerbünde aus soziologischer Sicht : Reaktion und Rezeption. - In: VÖLGER / V. WELCK (1990). - Band 1, 65-72 und PETER MEYER ; JAN WIND ; MARCEL ROELE / Männerbünde in sozio-biologischer Sicht. - In: Völger / v. Welck (1990). - Band 1, 73-84. [zurück]

12 Gleichwohl hält ein Beitrag [THOMAS SCHWEIZER / Männerbünde und ihr kultureller Kontext im weltweiten interkulturellen Vergleich. – In: VÖLGER / V. WELCK (1990). – Band 1, 23-30] fest, dass nach einer Auswertung der Datenbank WORLD CULTURES zwar weltweit eine "Absonderung der Männer, Dramatisierung ihrer Rolle und aggressive Handlungen als Teilaspekt des Männerbundes weltweit verbreitet sind" [ebenda, 23], dass allerdings der –wie es diplomatisch heißt – "zwingende Beweis dafür [fehlt], dass die behaupteten Zusammenhänge zwischen Altersklassen, Männerbünden, Männerhäusern, Freizügigkeit und Krieg wirklich weltweit gelten." [ebenda, 25] Dabei wird in diesem Beitrag noch nicht einmal die nahe liegende Frage gestellt, ob sich ähnliche Strategien der Absonderung und Dramatisierung auch bei anderen Gruppen, zum Beispiel Frauen, finden lassen. [zurück]

13 VÖLGER / V. WELCK (1990a). [zurück]

14 Vgl. WIDDIG (1992). Eine Ausnahme ist GUSTAVE LE BONS’ Werk, das er allerdings in der deutschsprachigen Rezeption darstellt. [zurück]

15 REULECKE (2001). [zurück]

16 GEORGE L. MOSSE / Die völkische Revolution : Über die geistigen Wurzeln des Nationalsozialismus. - Frankfurt am Main : Hain, 1991. [zurück]

17 HEINRICH SCHURTZ / Altersklassen und Männerbünde : Eine Darstellung der Grundformen der Gesellschaft. - Berlin : Reimer, 1902. [zurück]

18 Dabei war auch bei SCHURTZ klar, dass es ausreichte, das Vorhandensein eines geheimen Wissens vorzutäuschen. Es musste nicht wirklich existieren. Zumal in der SCHURTZ’SCHEN These von der gesellschaftslenkenden Funktion der Männerbünde ein exklusives Wissen und Handeln impliziert ist. [zurück]

19 Insoweit ist Jugend selbstverständlich eine gesellschaftlich bestimmte Variable. Heutzutage führt diese Definition, wie zum Beispiel BERTRAM / RÖSLER / EHLERT(2005) betonen, durch die Differenzierung und damit verbundene Ausweitung der Ausbildungszeiten - in Verbindung mit der familienzentrierten Förderung - zu statistischen Jugendlichen nahe des 30. Lebensjahres. Vgl. PROF. DR. HANS BERTRAM ; DIPL. SOZ. WIEBKE RÖSLER ; DIPL. SOZ. NANCY EHLERT / Nachhaltige Familienpolitik : Zukunftssicherung durch einen Dreiklang von Zeitpolitik, finanzieller Transferpolitik und Infrastruktur. - Berlin : Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Mai 2005. Eine solche Entwicklung wurde allerdings Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts nicht vorhergesehen. Vielmehr erschien die Jugend als neuentdeckte Lebensphase, die sich selbstständig durchgesetzt hatte. [zurück]

20 Vgl. ULRIKE BRUNOTTE / Zwischen Eros und Krieg : Männerbund und Ritual in der Moderne. - Berlin : Verlag Klaus Wagenbach, 2004. - [Kleine kulturwissenschaftliche Bibliothek ; 70]. [zurück]

21 Vgl. BRUNOTTE (2004a) ; 12. Unterschiedliche Vertreterinnen und Vertreter der postcolonial studies haben darauf hingewiesen, dass schon eine kulturelle Ausrichtung auf einen solchen kolonialen Auftrag allein eine Gesellschaft in eine koloniale verwandelt. Dazu bedarf es nicht einmal der eigenen Kolonien. Wichtig ist, dass die Gesellschaft sich als eine - bei allen internen Differenzen - bessere versteht, die das Recht und gleichzeitig die Pflicht hätte, auf andere Gesellschaften einzuwirken. Vgl. Hito Steyerl / Postkolonialismus und Biopolitik : Probleme der Übertragung postkolonialer Ansätze in den deutschen Kontext. – In: HITO STEYERL ; ENCARNACIÓN GUTIÉRREZ RODRÍGUEZ [Hrsg.] / Spricht die Subalterne deutsch? : Migration und postkoloniale Kritik. – Münster : Unrast, Dezember 2003 und BIRTHE KUNDRUS [Hrsg.] / Phantasiereiche : zur Kulturgeschichte des deutschen Kolonialismus. - Frankfurt am Main ; New York : Campus-Verlag, 2003. [zurück]

22 Das heißt vor allem, dass alle anderen Hoffnungen und Ziele der bürgerlichen Nationalbewegungen in Deutschland nicht oder zumindest in anderer Form umgesetzt wurden, als in fast allen anderen Staaten Europas. Vgl. NORBERT ELIAS / Studien über die Deutschen : Machtkämpfe und Habitusentwicklung im 19. und 20. Jahrhundert. - 3. Auflage - Frankfurt am Main : Suhrkamp, 1998. - [Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft ; 1008] - [Herausgegeben von Michael Schöter]; 73. der knapp zusammenfasst, dass "den bürgerlichen Pionieren [...] die Einigung in den Schoß [fiel], ohne das sie dadurch das Ziel ihres Sozialkampfes, ihr ständisches Ziel: die Entmachtung des Adels, die Demokratisierung der deutschen Gesellschaft erreichen konnten. Diese paradoxe Situation hatte schwerwiegende Folgen für die ganze Entwicklung Deutschlands." [zurück]

23 Dabei war es letztlich relativ egal, ob der Adel abgeschafft wurde, wie zumindest zeitweise in Frankreich, oder aber ob er, wie in Schweden oder den Niederlanden, mehr und mehr aus den Machtpositionen herausgedrängt wurde. [zurück]

24 In Österreich-Ungarn kam es, wenn auch nicht zu gleichen, so doch zu im Ergebnis ähnlichen Entwicklungen. Im Endeffekt bedeutete die Durchsetzung der "klein-deutschen" Lösung mit Preußen an der Spitze eine Festigung der Österreichischen Monarchie, zumal diese sich nun nationalen Ansprüchen der Ungarn und anderer Gruppen ausgesetzt sah. Letztlich blieb auch hier den nach gesellschaftlichen Positionen strebenden bürgerlichen Jugendlichen wenig Spielraum. [zurück]

25 ELIAS (1998) ; 63f.. [zurück]

26 BRUNOTTE (2004) schreibt SCHURTZ zudem zu, wenn auch ungewollt, die Männlichkeit als eine bedrohte, nicht natürliche beschrieben und somit diskutierbar gemacht zu haben. [zurück]

27 Selbstverständlich gab es hierzu Gegenbewegungen, ob nun die offensive bürgerliche Frauenbewegung, Teile der sozialdemokratischen Bewegung oder aber konfessionell motivierte Bewegungen, welche letztlich auch auf eine Berufstätigkeit und verbesserte Stellung der Frauen ausgerichtet waren. Doch diese Bewegungen waren nicht erfolgreich genug, um die patriarchale Struktur der Gesellschaften zu gefährden. [zurück]

28 Klaus von See stellt die These auf, dass es schon vor dieser Zeit Männerbünde gegeben hätte, welche allerdings erst durch die Frauenbewegung und damit dem Auftauchen der Frauen als handelnde Wesen sichtbar werden konnten. [KLAUS VON SEE / Politische Männerbund-Ideologie von der wilhelminischen Zeit bis zum Nationalsozialismus. – In: VÖLGER / V. WELCK (1990). – Band 1, 93-102]. Dieser Hinweis ist zum Beispiel bei der Bewertung von studentischen Korporationen zu bedenken, die bei ihrer Gründung als Studierendengruppen in rein männlichen Universitäten Frauen nicht selbstständig ausgeschlossen hatten, und die erst mit den ersten weiblichen Studierenden zu der Frage, ob sie als homosoziale Gruppen existieren wollten, Stellung beziehen mussten. Vgl. hierzu HEITHER (2000). [zurück]

29 Das allerdings wird nicht unbedingt positiv gedeutet. Vgl. INITIATIVE.BURSCHIS.AUFESSEN / HUMMEL-ANTIFA (2004) und STEPHAN PETERS / Elite sein. : Wie und für welche Gesellschaft sozialisiert eine studentische Korporation?. – Marburg : Tectum Verlag, 2004, die beide nicht unbedingt die Ausschlussmechanismen, sondern die Individuation der Mitglieder in studentischen Korporationen kritisieren. [zurück]

30 SEE (1990) ; 94. [zurück]

31 Vgl. PETER JUNGBLUT / Famose Kerle : Eulenburg ; Eine wilhelminische Affäre. – Hamburg : MännerschwarmSkript Verlag, 2003. Allerdings hat dieses Buch einen eher populär-wissenschaftlichen oder besser journalistischen Anspruch. Die Problematik des Männerbundparadigmas wird nur sehr kurz behandelt. Als Überblick siehe auch MALTE GÖBEL / The Eulenburg Affair. – [Seminar Paper] – 1998 .-http://www.essaydirect.com/fulltext/gev/8431.html, [Zugriff: 04.07.2005]. [zurück]

32 Teilweise hat sich dieses Bild auch bis in die jüngste Zeit gehalten. Der 1991 verstorbene prominente deutsche Neonazi MICHAEL KÜHNEN stellte die These auf, dass gerade eine "nationale Revolution" männerbündischer und homosexueller Führungsgruppen bedürfe. Diese Darstellung und erste Berichte von der angeblichen Homosexualität KÜHNENS führten in den späten 1980er Jahren zu einer (weiteren) Spaltung der rechtsradikalen Szene, die sich nach dem AIDS-Tod KÜHNENS noch verschärfte. Vgl. MICHAEL KÜHNEN / Homosexualität und Nationalsozialismus. – Paris : [Selbstverlag des Herausgebers], 1981. – [Herausgegeben von MICHEL CAIGNET] und MARKUS BERNHARDT / Sein Kampf. – In: Gigi : Zeitschrift für sexuelle Emanzipation ; 32 (Juli/August 2004). - 8-10. [zurück]

33 Vgl. REULECKE (2001), vor allem Seite 47-68. Was allerdings nicht heißt, dass sie sich nicht als Alternative zur bestehenden Gesellschaft verstanden hätten. [zurück]

34 Der WANDERVOGEL DEUTSCHER BUND gibt 1905 als Datum der Gründung der ersten weiblichen Wandervogelgruppe an und hat dies im Juni 2005 auch gefeiert. Vollständig gesichert scheint dieses Datum allerdings nicht. Vgl. REULECKE (2001). [zurück]

35 Vgl. WERNER KINDT / Dokumentation der Jugendbewegung. - Düsseldorf ; Köln : Diederichs, 1963, 1968, 1974. – [3. Bände] - [Herausgegeben im Auftrag des GEMEINSCHAFTSWERKES ARCHIV UND DOKUMENTATION DER JUGENDBEWEGUNG]. [zurück]

36 Vgl. ELIAS (1998) und KLAUS THEWELEIT / Männerphantasien [1+2]. – [Unveränderte Taschenbuchausgabe] - München ; Zürich : Piper, 2000. [zurück]

37 Vgl. REULECKE (2001) ; 69-88. [zurück]

38 Ebenda , 90. [zurück]

39 Vor allem HANS BLÜHER / Die Rolle der Erotik in der männlichen Gesellschaft. - 3. Auflage. - Jena : E. Diedrichs, 1921. - [2 Bände], erste Veröffentlichung 1917. [zurück]

40 Die beide allerdings keinen expliziten Ausschluss von Frauen propagierten und sich auch an anderen Bewegungen orientierten. [zurück]

41 Vgl. REULECKE (2001) ; 151-176. [zurück]

42 BLAZEK (2001) und VÖLGER / V. WELCK (1990) zählen zahlreiche andere Gruppen und Strukturen als männerbündisch. Obwohl eine Vielzahl dieser Beispiele politisch und gesellschaftlich gefährlich sind, fallen sie doch nicht unter die hier beschriebenen Männerbünde. Worauf nicht näher eingegangen werden kann, ist die Eigenart der hier beschriebenen Bünde individuelle Machtansprüche unter Allgemeininteressen zu ordnen, wie dem Wohl Deutschlands, des Volkes als Ganzem. Dies ist eine wichtige Differenz zum Beispiel studentischer Korporationen in Deutschland und Österreich zu Fraternities in den USA, die ihren Elitenanspruch relativ offen und unverblümt formulieren. [zurück]

43 Vgl. ELIAS (1998). Diese Struktur lässt sich nicht nur bei der radikalen Rechten der beiden deutschsprachigen Kaiserreiche und deren Nachfolgerepubliken wieder finden. Dass Deutschland als Kaiserreich und Republik als Land mit der breitesten und schlagkräftigsten gewerkschaftlichen Organisation gelten konnte, ist zum Teil auch auf diese Eigenheit zurückzuführen. [zurück]

44 Vgl. REULECKE (2001) ; 153. [zurück]

45 Zum Aufbau der studentischen Korporationen vgl. PETERS (2004) und ALEXANDRA KURTH / Männer - Bünde - Rituale : Studentenverbindungen seit 1800. – Frankfurt am Main ; New York : Campus Verlag, 2004, zum Aufbau der bündischen Jugendgruppen REULECKE (2001). [zurück]

46 Diese Bezeichnung folgt der Differenzierung von ökonomischem, sozialem, kulturellem und symbolischem Kapital bei PIERRE BOURDIEU / Die feinen Unterschiede : Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. - Frankfurt am Main : Suhrkamp, 1982. Zur aktuellen wissenschaftlichen Diskussion um Eliten siehe PETERS (2004) ; 28ff.. [zurück]

47 WIDDIG (1992) ; 13f.. [zurück]

48 Vgl. HEITHER (2000). [zurück]

49 REULECKE (2001) und KINDT (1964, 1968, 1974). [zurück]

50 Nebenbei sei bemerkt, dass die konfessionell ausgerichteten studentischen Korporationen allesamt katholisch waren und sind. Die katholische Kirche erkannte erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1962-1965 die eigene Schuld am Antijudaismus an. [zurück]

51 Vgl. THEODOR W. ADORNO ; MAX HORKHEIMER / Dialektik der Aufklärung : Philosophische Fragmente. - Limitierte Jubiläumsedition. - Frankfurt am Main : Fischer Taschenbuch, Januar 2002. vor allem 177-217 : Elemente des Antisemitismus. [zurück]

52 BLÜHER (1921) und BRUNOTTE (2004a) ; 70-117. [zurück]

53 WIDDIG (1992) ; 43. [zurück]

54 Ohne dieser Spur hier nachgehen zu können, sei doch angemerkt, dass sich die breite Rezeption BLÜHERS Konzeptes im Wandervogel, ähnlich der Ödipalisierung bei GILLES DELEUZE ; FÉLIX GUATTARI / Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I. – Frankfurt am Main : Suhrkamp, 1974 beschreiben lässt, bei der erst das psychoanalytische Konzept die psychologische Struktur hervorbringt, die dann wieder von der Psychoanalyse untersucht werden kann. [zurück]

55 BLÜHER (1921) wurde erst 1917 das erste Mal veröffentlicht. [zurück]

56 REULECKE (2001) ; 69-88. [zurück]

57 Der Unterschied ist, dass dieses Argument in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts mit einem eindeutig elitären Verständnis vorgetragen wurde und heute als Vorwurf, die grundlegende Differenz zwischen korporiert und nicht-korporiert nicht akzeptieren zu wollen. [zurück]

58 MAX WEBER / Wirtschaft und Gesellschaft : Grundriß der Verstehenden Soziologie. – 5., revidierte Auflage – Tübingen : Mohr Siebeck, 1980. Allerdings zeichnet Weber nicht, wie später Blüher, den charismatischen Führer als positiv, sondern als Übergangsfigur, als eine unzulängliche Form der Herrschaft. WIDDIG bemerkt, dass "zur Debatte stand, wie und warum die charismatische Gemeinschaft der Christen des ersten Jahrhunderts in eine streng organisierte frühe katholische Kirche mündete [und nicht, wie Männerbünde entstehen]." [WIDDIG (1992) ; 51]. [zurück]

59 Zum Beispiel bei BLAZEK (2001), aber auch, und im viel stärkeren Maße im scheiternden Versuch einer allgemeinen Übersicht bei VÖLGER / V. WELCK (1990). [zurück]

60 Diskussion bei HEITHER (2000) ; 302-322. [zurück]

61 Vgl. HEITHER (2000), KURTH (2004), ELIAS (1998). [zurück]

62 Zur Diskussion der Ausnahmen siehe HEITHER (2000) und PETERS (2004). [zurück]

63 In Tabelle 1 ist der Versuch gemacht worden, die Parallelen und Differenzen zwischen charismatischen und strukturellen Männerbünden darzustellen. [zurück]

64 Die folgende Darstellung bezieht sich auf PETERS (2004). [zurück]

65 Diese neuen Mitglieder wären, so PETERS’ These, allerdings durch einen autoritären Charakter prädisponiert. Oft sind sie Verwandte, meist Kinder schon Korporierter. Dies führt über das "Lebensbundprinzip" zu dem Phänomen, dass zwei, manchmal drei Generationen einer Familie mit ihren männlichen Mitgliedern in einer Organisation sind, welche sich idealtypisch durch ein starkes Gesellschaftsleben auszeichnet. Dies zeigt, dass von einer Jugendrevolte bei studentischen Korporationen mitnichten gesprochen werden kann. [zurück]

66 BRUNOTTE (2004a) ; 23f.. [zurück]

67 PETERS (2004) ; 159-249. [zurück]

68 BLAZEK (2001). [zurück]

69 VÖLGER / V. WELCK (1990). [zurück]

70 BRUNOTTE (2004a) scheint sich zum Beispiel nicht sicher zu sein, was sie gerade kritisiert, bzw. analysiert. Auch bei WIDDIG (2001) wird nicht klar, welche Stellung er Männerbünden und Männlichkeit zuschreibt, oder aber ob er über eine durch und durch "männerbündische Gesellschaft" schreiben will. [zurück]

71 Vgl. JUDITH BUTLER / Psyche der Macht : Das Subjekt der Unterwerfung. – Frankfurt am Main : Suhrkamp, 2001 – [edition suhrkamp ; 1744]. [zurück]

72 PETERS (2004). [zurück]

73 BLAZEK (2001). [zurück]

74 REULECKE (2001). [zurück]

75 BRUNOTTE (2004a) , 36. [zurück]

76 Vgl. ROLAND ROTH ; DIETER RUCHT [Hrsg.] / Jugendkulturen, Politik und Protest : vom Widerstand zum Kommerz?. – Opladen : Leske + Budrich, 2000. [zurück]

77 WIDDIG (1992). [zurück]

78 Als Hinweis sei darauf verwiesen, dass beide hier näher besprochenen Beispiele für Männerbünde, die bündische Jugend und die studentischen Korporationen, schon vor dem ersten Weltkrieg bestanden und sich nach 1918 in einer Weise wandelten, die als Annäherung an das Männerbundkonzept zu lesen ist. So wurde die bündische Jugend zu einer männlichen und uniformierten, die Korporationen begannen in größerer Zahl ein jeweils eigenen Haus – in Anlehnung an das von SCHURTZ beschriebene Männerhaus – zu erwerben. [zurück]

79 Ausnahmen sind PETERS (2004) und teilweise HEITHER (2000). [zurück]

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