Homepage: Karsten Schuldt - Bibliothekswissenschaft - Prakikumsbericht 2005
[Karsten Schuldt]

Bericht über ein Praktikum

in der Bibliothek der Berlinischen Galerie im Frühling 2005

Inhalt
0. Einleitung
0.1 Thema des Textes
0.2 Grundfragen zum Praktikum
1. Die Berlinische Galerie und ihre Bibliothek
1.1 Geschichte, Ziel und Bestand der [BG]
1.2 Architektur
1.2.1 Der Museumsneubau
1.2.2 Die Bibliothek
1.3 Bestand, Aufgabe und Arbeitsweise der Bibliothek
2. Das Praktikum
3. Zusammenfassung
Anmerkungen

0. Einleitung

0.1 Thema des Textes

Im folgenden soll über ein Betriebspraktikum berichtet werden, das der Autor im Rahmen seines Hauptstudiums der Bibliothekswissenschaft absolviert hat. Es soll von der Bibliothek der Berlinischen Galerie [BG], in der das Praktikum abgeleistet wurde, erzählt werden, über ihre Strukturen, die tägliche Arbeit und Probleme. Daran sollen sich Fragen und Überlegungen zu dieser Bibliothek und darüber hinaus zu Museumsbibliotheken anschließen. Im dritten Teil soll über die Praxis des Praktikums berichtet und dabei an Beispielen die Möglichkeiten und Grenzen der Arbeit der Bibliothek diskutiert werden. Abschließend sollen die Ergebnisse und Erfahrungen des Autoren zusammengefasst, notwendige Veränderungen angedacht und eine Bilanz des Praktikums gezogen werden.

0.2 Grundfragen zum Praktikum

Der Autor ist Student der Bibliothekswissenschaft im 9. Semester an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er hat das Grundstudium erfolgreich abgeschlossen. Das Praktikum wurde auch absolviert, um den Anforderungen der Prüfungsordnung nachzukommen. Andererseits wurde die Möglichkeit Erfahrungen im alltäglichen Bibliotheksbetrieb zu sammeln, zu der solche Praktika dienen sollen, erkannt.

Das Praktikum begann am 21. Februar 2005 und endete nach 6 Wochen am 1. April 2005. Zwischen der Berlinischen Galerie und dem Autor wurde dazu ein Arbeitsvertrag geschlossen. Nach Abschluß wurde von der Leiterin der Bibliothek eine Praktikumsbestätigung ausgefertigt [1]. Die Arbeitszeit betrug pro Woche 37 Stunden, die von Montag bis Freitag verteilt waren. Normalerweise wurde zwischen 9-17 Uhr gearbeitet, in Ausnahmefällen verschob sich der Beginn und das Ende, so dass der Autor den Bibliotheksbetrieb bis 18 Uhr, respektive 20 Uhr miterleben konnte.

1. Die Berlinische Galerie und ihre Bibliothek

1.1 Geschichte, Ziel und Bestand der [BG]

Die [BG] ist heute das Landesmuseum für moderne Kunst, Fotographie und Architekturdes Landes Berlin. Gegründet wurde sie 1975 als eingetragener Verein mit der Zielsetzung die vorhandene Kunst, welche seit Beginn des 20. Jahrhunderts in Berlin produziert wurde, der Öffentlichkeit zu sichern. Mit den Jahren hat sich dieser Verein etabliert und wurde vor allem außerhalb Berlins als Kunstverein für zeitgenössische Kunst wahrgenommen. 1994 gelang es den Titel eines Landesmuseums zu erwerben und im folgenden Jahr 1995 wurde die [BG] in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt, die sie auch heute noch ist.

Neben ihrem, vorrangig durch Drittmittel, auch immer noch wachsenden Bestand an zeitgenössischer Kunst aus den letzten Jahrzehnten, ist vor allem die Sammlung expressionistischer und dadaistischer Kunst hervorzuheben. Gerade das Archiv der [BG] hält seltene Bestände dieser beiden avangadistischen Strömungen bereit, die beide im Berlin der 1910er und 1920er Jahre ein Zentrum hatten. Durch die Veröffentlichungen des Archivs bekanntgeworden sind vor allem die Nachlässe von Raul Hausmann und Hanna Höch.

Irgendwann wurde aus Schenkungen und Buchkäufen für Ausstellungsvorbeitungen mit dem unsystematischen Aufbau einer Bibliothek begonnen, in den 1990er Jahren dann die erste Teilzeitstelle für diese Einrichtung geschaffen.

1.2 Architektur

1.2.1 Der Museumsneubau

Ein Problem der [BG] war immer, dass sie über keine festen Räume verfügte. Sie residierte zuletzt in vier unterschiedlichen Gebäuden gleichzeitig, die sie allerdings immer nur teilweise und für eine bestimmte Zeit nutzen konnte. Seit dem Jahr 2000 befand sich ein Teil der Sammlung auf "Welttournee", während es in Berlin selber keine Ausstellungen gab. Mit dem Titel eines Landesmuseums war die Hoffnung verbunden gewesen, über das Land Berlin ein eigenes Gebäude zu erwerben. Da die Stadt und das Land Berlin bekanntlich in den letzten Jahren immer weniger Geld zur Verfügung hatten, zog sich dies allerdings hin. Als schließlich 16,8 Millionen € bewilligt wurden, ging es eigene Zeit hin und her, inklusive des Konkurses einer Baufirma, welche das Museum bauen sollte, bis dann Ende 2004 ein eigenes Gebäude in der Alten Jakobstraße eröffnet werden konnte.

Dieses liegt nur wenige Minuten vom ungleich bekannteren Jüdischen Museumentfernt. Gleichzeitig sind die Amerika Gedenkbibliothek, die Stadtmitte mit dem Haus am Checkpoint Charlie und andere wichtige kulturelle und politische Orte zu Fuß zu erreichen. Von dieser Umgebung hat sich die [BG] einen Vorteil erhofft, sowohl was die Wahrnehmung, als auch die Besucher/innenzahlen betrifft. Ob sich diese Hoffung erfüllen wird, kann heute noch nicht gesagt werden.

Das Gebäude hat zumindest eine obskure Geschichte zu bieten. Es wurde einst als Lager der (West)Berliner Glaserinnung gebaut, um für den Fall einer erneuten Blockade Westberlins Glas einzulagern. Nach 1989/90 wurde das riesige Lager aufgelöst und die Halle stand leer. Nun wurde beim Umbau eine Zwischendecke eingezogen und ein Verwaltungstrakt aufgesetzt, beziehungsweise an die Seite gebaut. Bedingt durch die relativ geringen Geldmittel und das schon vorhandene Gebäude wurde eine streng funktionalistische Architektur gewählt [2].

Doch gerade dieser Neubau kann als symptomatisch betrachtet werden. Im dritten und damit obersten Stockwerk sind die Büros der Verwaltung, des Direktors und die Pressestelle untergebracht, im zweiten Stock das Archiv, die Arbeitsplätze der Kunsthistoriker/innen, sowie die technische Abteilung und im untersten, neben den Besucher/inneneingang, dem Cafe, der Poststelle und der Sicherheitsfirma die Bibliothek und die Restaurationsabteilung. Der Eindruck einer gebauten Hierarchie verstärkt sich beim Blick auf die Geschlechterverhältnisse. Im obersten Stockwerk arbeiten offenbar außer der Personalchefin nur Männer, im zweiten Stock ist das Verhältnis zwischen den Geschlechtern relativ ausgeglichen, im untersten Stock arbeiten Männer einzig in den prekären Verhältnissen der Poststelle und der Sicherheitsfirma, ansonsten nur Frauen. Die geringe Wertschätzung, welche die Bibliothek bei großen Teilen der Angestellten und besonders der leitenden Stellen - mit Ausnahme der technischen Abteilung - genießt, scheint im Gebäude eingebaut worden zu sein. Ganz am Rand des Museums sind die Räume für einen geregelten Bibliotheksbetrieb zu klein und ungeeignet.

1.2.2 Die Bibliothek

Die Bibliothek benutzt vier Räume. Die Arbeitsplätze befinden sich im ersten Stock. Durch eine Glastür vom Lesesaal getrennt gibt es hier für vier Angestellte drei Plätze mit je zwei Schreibtischen und je einem Computer. Diese Plätze reichen nur durch Übereinanderstapeln von Büchern und unterschiedlichen Materialien gerade so für die Arbeit aus. Desweiteren gibt es in einer Ecke zwei weitere kleine Schreibtische. Gerade in Zeiten, wenn die Bibliothek mit Praktikant/innen oder anderen Hilfskräften verstärkt wird, ist der Raum nicht im Geringsten ausreichend [3]. Daneben enthält der Raum rund 20% des Bestandes. Der Lesesaal ist ebenfalls viel zu klein. Hier stehen rund 30% des Bestandes, vor allem die Künstler/innenmonographien und Ausstellungskataloge Berliner Institutionen. Neben einem Informationspult gibt es einen größeren Tisch, an dem die Nutzer/innen arbeiten können [4].

Der größte Teil der Bestände lagert in der Kompaktanlage im ersten Stock, zwischen dem Arbeitsplatz des Archives und den Plätzen der Kunsthistoriker/innen und -wissenschaftler/innen. Neben seltener benutzen Beständen sind hier auch die Rara und Großformate untergebracht. Dass die Anlage entgegen der Geflogenheiten in Bibliotheken und Archiven nicht im Keller untergebracht wurde, bedeutet auch, dass den Aussagen der Statiker/innen vertraut werden muss, nach denen dieses Gebäude den permanenten Druck einer solchen Anlage aushalten würde. Eine andere Lösung sei nicht zu finanzieren gewesen. Bezeichnend für die Finanzen ist auch, dass es keine besondere Sicherung für Rara gibt. Hier muß den Angestellten und vor allem deren zahlreichen Besucher/innen vertraut werden.
Der letzte Teil des Bestandes, hauptsächlich die Zeitschriften und Doubletten für den Schriftentausch, lagert zusammen mit teilweise äußerst wertvollen Beständen des Archives im Keller. Dieser sollte eigentlich durch seine Metalltüren äußerst sicher sein, doch die Erfahrung zeigt, dass sehr viele Menschen, vor allem das Sicherheitspersonal und Bauarbeiter/innen, Zugang zu diesen Räumen haben [5]. Immerhin sind all diese Räume durch einen Fahrstuhl verbunden. Der Effekt allerdings ist, gerade bei speziellen Informationsbedürfnissen der Nutzer/innen, ein immenser Zeitverbrauch und Weg [6].

ärgerlich ist auch, dass bei der Planung die Bibliothek mit einer reinen Fensterwand, ohne die Möglichkeit die Fenster zu öffnen oder zu verdunkeln, ausgestattet wurde. Man bewegt sich ständig in einem durch eine Klimaanlage regulierten Klima und an Tagen ohne Niederschlag ist es wegen der Sonne schlicht unmöglich zwischen 12 und 15 Uhr am Computer zu arbeiten.

1.3 Bestand, Aufgabe und Arbeitsweise der Bibliothek

Aufgabe der Bibliothek ist es vorrangig die Arbeit der Angestellten des Museums zu unterstützen. Daneben soll sie allen an zeitgenössischer und Berliner Kunst Interessierten zu Verfügung stehen.

Der Bestand spiegelt die Schwerpunkte des Museums wieder. Die drei größten Teile sind Monographien zu zeitgenössischer Kunst, zu Expressionismus und Dadaismus, sowie Kunst und Architektur aus, über und in Berlin. Insgesamt umfasst der Bestand zur Zeit rund 70.000 - 75.000 Einheiten, darunter rund 1.000 Zeitschriftentitel, wobei allerdings nur etwas mehr als 10 laufend gehalten werden. Nahezu alle diese Einheiten sind Printmedien, darunter vorrangig Ausstellungskataloge. Andere Medienformen sind äußerst selten. Das jährliche Wachstum beträgt rund 1.000 Einheiten, wobei sich der Erwerb in folgende vier Teile gliedert:

  1. Tausch: Sowohl der Doubletten-, als auch der Schriftentausch wird praktiziert. Beide zusammen stellen den größten Teil des Erwerbes. Nur wenige, vor allem seltene Einheiten werden gestaffelt, prinzipiell existiert je ein Exemplar. Diese Politik ermöglicht immerhin viele Doubletten. Schiftentausch wird mit den Publikationen der [BG] betrieben. Dabei wird mit rund 250 Museen regelmäßig getauscht, dass heißt diese erhalten alle Publikationen der [BG], die Bibliothek dafür alle Publikationen dieser Museen [7].
  2. Belegexemplare: Jede Publikation in der ein oder mehr Werke aus der Sammlung der [BG] abgedruckt werden, müssen in mindestens einem Exemplar bei der [BG] und damit der Bibliothek abgeliefert werden. Hier profitiert die Bibliothek von der reichhaltigen Sammlung des Museums.
  3. Geschenk: Gerade Mitglieder des Fördervereins der [BG] und deren Angehörige machen Teile ihrer persönlichen Bibliothek, auch als Erbe, zum Geschenk. Allerdings ist die Bibliothek nicht in der Lage, längerfristige Kontakte aufzubauen und zu pflegen, die sich in solchen Geschenken niederschlagen [8]. Dazu ist einfach keine Zeit. Wenn es dann zu Geschenken kommt, können diese oft den Bestand ergänzen, da die Mitglieder des Vereins oft selber Künstler/innen und Kunstwissenschaftler/innen sind.
  4. Kauf: Es gibt keinen laufenden Erwerbungsetat. Kauf ist eher die Ausnahme. Wenn es Geld gibt, wird es vorrangig für schon gesammelte Wünsche der Mitarbeiter/innen ausgegeben. Nur bei Ausstellungsprojekten, die einen Rechercheetat beinhalten, kommt es noch zu größeren Käufen, die nach der Ausstellung der Bibliothek zufließen. Das allerdings ist die Ausnahme.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass von einem geordneten Bestandsaufbau nicht die Rede sein kann. Zwar wird immer wieder versucht, sinnvolle Ergänzungen durch Geschenk und Doublettentausch zu erwerben, doch dies nimmt nicht wirklich vorhandene Zeit in Anspruch. Ebenso wie der Versuch, seltenere Stücke, die in größeren Geschenken erworben wurden, über den antiquarischen Markt zu verkaufen.

Genutzt kann der Bestand nur in der Bibliothek werden. Sie ist eine strenge Präsenzbibliothek. Einzig die Angestellten des Museums bilden dabei eine Ausnahme. Diese können die Medien ausleihen, allerdings nur im Haus selber verwenden. Aus dem Museums kommen Medien nur in dem Fall, dass sie von anderen Museen in Ausstellungen verwendet werden. Diese Restriktionen, die mit der Aufgabe der Bibliothek begründet werden, bedingen, dass die Mitarbeiter/innen der [BG] die vorrangige und größte Nutzer/innengruppe darstellt. Auffällig ist hierbei der hohe Anteil von Volontär/innen in dieser Gruppe [9]. Andere Nutzer/innen müssen für die Arbeit mit dem Bestand in der Öffnungszeit (Montag - Freitag, 14 - 20 Uhr) pro Tag 1€ oder pro Jahr 8€ zahlen. Diese Barriere soll Menschen, die einfach "nur mal schauen wollen" abhalten und somit die Bestände schützen. Die Bibliothek versteht sich als Spezialbibliothek für zeitgenössische Kunstnicht als Verbrauchsbibliothek, wie öffentliche Bibliotheken, sondern als Einrichtung mit Archivauftrag. Relevante Einnahmen erwartet durch diese Regelung niemand.

Kopien können aus den Einheiten des Bestandes nicht von den Nutzer/innen selber angefertigt, sondern nur kostenpflichtig (0,12€ pro Stück) in Auftrag gegeben werden. Dabei wird nur aus den Werken kopiert, deren Erhaltungszustand es erlaubt. Spezielle Reproduktionseinrichtung und Geräte existieren nicht, offenbar noch nicht einmal ein Hand-Scanner oder eine (Digital-)Kamera [10].

Überhaupt gibt es keine elektronischen Hilfsmittel und Abspielgeräte. Das bedeutet, dass audiovisuelle Medien, die wie erwähnt nur wenig gesammelt werden, nicht einmal eingesehen werden können, zumindest nicht in der Bibliothek [11].

Auffällig ist in diesem Zusammenhang, wie die Bibliothek gerade nicht genutzt wird: weder werden Recherchen in Auftrag gegeben, noch über die Bibliothek auf die Bestände anderer Institutionen zurückgegriffen. So konnte der Autor beim Einstellen von Medien in die Kompaktanlage eine Arbeitsgruppe von Kunstwissenschaftler/innen darüber streiten hören, wann das Berliner Stadtschloss gesprengt wurde. Das ganze ging einige Minuten lang und kam zu keinem Abschluß, während der Autor direkt vor dem Bestand zur Geschichte des Berliner Stadtschlosses stand.

Früher einmal, in Zeiten mit mehr verfügbarem Geld und größerer Projekte, soll es auch solche Anfragen gegeben haben. Heute allerdings machen die Angestellten des Museums ihre Recherchen selber und die Informationskompetenz, die von Bibliothekar/innen immer wieder Bibliotheken zugeschrieben wird, verbleibt hier ungenutzt [12].

Die Kompetenz zu solchen Aufgaben wäre vorhanden. Zur Zeit sind 2 Diplombibliothekarinnen, eine mit 38,5 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit, eine für 20 Stunden eingestellt, daneben eine Fachkraft für Medien mit 19,5 Stunden Stunden und eine Hilfskraft für 16 Stunden in der Bibliothek aktiv.

Dennoch ist die Zeit beschränkt. Es wird daran gearbeitet, die Bestände in Allegro, einem spezialisierten Datenbankprogramm [13] das an der Universität Wiesbaden entwickelt wurde, aufzunehmen. Bisher sind etwas mehr als 10% des Bestandes, inklusive aller Zugänge der letzten Jahre, eingegeben worden. Nach und nach soll der Rest eingearbeitet werden. Bis dahin allerdings ist die Systematik und die Aufstellung das vorrangige Informationsmittel, dass heißt es wird eine klassifikatorische Sacherschließung mit zum Teil stark differenzierten Notationen vorgenommen. Diese Systematik wird mit dem Wachsen des Bestandes laufend ergänzt, wobei zur Zeit darauf geachtet wird, keine Stellen einzufügen, die eine Aufsplitterung von Teilbeständen und damit große Schreib-, Neuklassifikations- und Räumarbeiten nach sich ziehen würde.

In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass die Treffen von Allegroanwender/innen für die Bibliothek offenbar die größten Vernetzungstreffen darstellen. Sie ist in keiner Institution Mitglied, auch nicht im Arbeitskreis Musemusbibliotheken (AKMB) [14], der inhaltlich zu ihr passen würde. Ebensowenig ist das Informationsblatt des AKMB, AKMB info, abboniert. Zusammenarbeit mit anderen Bibliotheken sind selten und nur kurzfristig. Das ist deswegen bezeichnen, weil die Durchsicht des AKMB info ergibt, dass - wenig überraschend - die Probleme der Bibliotheken in anderen Museen ähnlich sind [15].

2. Das Praktikum

Der Kunsthistoriker Günter Krüger war Mitglied des Freundeskreises der [BG]. Nach seinem Tod überließ seine Ehefrau der Bibliothek der [BG] einen Teil seiner privaten Bibliothek mit rund 250 Medieneinheiten. Das Auf- und Einarbeiten dieses Bestandes, mit einem gesamten Durchlauf eines Geschäftsganges war die strukturierende Aufgabe des Praktikums. Dazu zählte das Systematisieren des Bestandes, das Aussondern und das Herauslösen von Einheiten, die im Archiv gesammelt werden solten, das Überprüfen auf Doubletten, das Aufnehmen in ein Eingangsbuch [16] und das Stempeln der Einheiten, sowie die Katalogisierung mittels Allegro und letztlich das Einstellen in den Bestand.

Daneben wurde ein Bestand von rund 150 gebunden Zeitschriftenjahrgängen zu Architektur und verwandten Themen, die von der Bauakademie der DDR nach einigen Umwegen überkommen waren, in einer Liste aufgenommen und per Autopsie auf Vollständigkeit und Zustand überprüft (rund 3 Tage). Das war hauptsächlich durch ein Absurdität der von Haushaltsabteilung vorgegebenen Richtlinien notwendig: Obwohl klar ist, dass ein großer Teil der Zeitschriften in den Doublettentausch eingehen wird, müssen sie erst aufgenommen werden, um sofort wieder abgeschrieben zu werden.

Zudem wurden Teile der Altbestände, die in der Frühzeit der Bibliothek ohne Katalogisierung und ausreichende Systematisierung einfach eingestellt wurden und nun nach und nach aus dem Bestand genommen und wieder eingearbeitet werden, vom Autor in der gleichen Weise wie der Bestand Günter Krüger bearbeitet.

Auch zur Bibliotheksbenutzung wurde der Autor mehrfach herangezogen. Er beriet Nutzer/innen, half bei der Anmeldung und besorgte Medien aus den nicht den Nutzer/innen zugänglichem Bereich der Bibliothek.

Eine kleinere Aufgabe war die Erstellung einer email-Liste der Institutionen mit denen Schriftentausch betrieben wird. Diese soll demnächst zur Neuorganisierung des Doublettentausches, vorrangig seiner teilweisen Umstellung vom Brief- auf den elektronischen Verkehr, genutzt werden.

Daneben wurde der Autor aufgefordert Vorschläge zur Neuorganisierung und Verbesserung der Bibliothek und ihrer Abläufe zu machen. Das tat er vorrangig im Hinblick auf die Öffentlichkeitsarbeit, sowohl nach außen, als auch an die Angestellten des Museums gerichtet und im Hinblick auf die Nutzung von audiovisuellen Medien. Zudem regte er dazu an, sich über das Sammeln und zugänglich Machen von elektronischen Medien zumindest Gedanken zu machen [17].

3. Zusammenfassung

Das Praktikum vermittelte Eindrücke einer Bibliothek, in der sich die Angestellten im Rahmen ihrer Möglichkeiten engagierten, die aber von der Idealbibliothek, von der zum Beispiel der Deutsche Bibliotheksverband oft spricht, weit entfernt ist.

Auffällig waren die folgenden Punkte:

  • Es gibt zuwenig Personal. Für die Aufgaben, die von der Bibliothek übernommen werden sollen, ist das Personal und der zur Verfügung stehende Platz unzureichend. Das müsste verbessert werden, allerdings gegen eine Gruppe leitender Angestellter, welche die Bibliothek offenbar gering schätzen und nicht zu wissen scheinen, welche Möglichkeiten solche Institution bieten könnte.
  • Es findet eine Dequalifikation statt. Bibliothekar/innen haben bekanntlich ihre Arbeit in einer dreijährigen Ausbildung erworben, Diplombibliothekar/innen in einem teilweise längerem Studium. Dies setzt sich in der Praxis nicht um. Sie werden größtenteils als Bücherordner/innen wahr- und ihre Dienste werden nicht in Anspruch genommen. Letztlich scheint die Direktion des Museums der Meinung zu sein, selber mehr über die Bibliothek zu wissen, vor allem darüber, wie sie zu führen und zu organisieren sei, als die Angestellten der Bibliothek selber. Dem müßte durch eine Sensibilisierung der Chefetage - nicht nur der [BG] -, einer verbesserten Vertretung von Bibliotheken in der Öffentlichkeit und einem stärkeren und selbstbewußteren Auftreten der Bibliotheken entgegengewirkt werden. Die jetzige Situation zeitigt bei den Angestellten allerdings ein relatives Desinteresse an einer aktiven Verbesserung der Bibliothek [18], eine Tendenz zum Dienst nach Vorschrift und letztlich die Gefahr eines Absinkens der Qualität auf ein reine Standard-Bücher-Ausleihe [19].
  • Es fehlt an Zusammenarbeit und Weiterbildung. Gerade ein gegenseitiges Empowerment der Bibliothekar/innen könnte den in der Bibliothek anzutreffenden Dequalifizierungstendenzen entgegenwirken. Dazu aber müsste erst einmal ein Bewußtsein geschaffen werden. Hier wären vor allem die Ausbildungsstätten des Bibliothekspersonals gefragt. Anderseits müssten solche Aktivitäten in der Arbeitszeit stattfinden können. Allerdings ist von Museumsleitungen, die Bibliotheken als Bücheraufbewahrungsanstalten ansehen, nicht realistisch zu erwarten, dass sie zum Beispiel den Vorteil einer festgeschriebenen Zeit pro Woche und Angestellte/r für Fortbildung und Vernetzung oder der Finanzierung von Mitgliedschaften in Arbeitskreisen, wie dem AKMB, einsehen werden. Hier sind Gewerkschaften und die Gesetzgeber/innen gefragt.
  • Es fehlt an Präsentation. Bibliotheken müssen auf sich und vor allem ihre Möglichkeiten beständig und sichtbar hinweisen. So müßte im Fall der Bibliothek der [BG] und ähnlicher Institutionen immer wieder die Mitarbeiter/innen nicht nur auf die Existenz der Bibliothek, sondern auch auf die Möglichkeiten von Recherchen, Medienbeschaffung auch aus anderen Bibliotheken und Vermitteln von Medienkompetenzen hingewiesen werden. Letztlich fehlt allerdings dafür die Zeit. Hilfreich wären Text- und Handlungsbausteine, die bibliotheksspezifisch eingesetzt werden könnten, um die jeweilige Institution zu präsentieren. Hier wären die Selbstorganisierungsstrukturen von Bibliotheken in Deutschland, allen voran der Deutsche Bibliotheksverband, gefragt.

Abschließen soll darauf hingewiesen werden, dass bei der Ausgestaltung des Praktikums keine Schwierigkeiten auftraten. Der Autor hatte Zugang zu allen Systemen und Hilfsmitteln, wurde kompetent angeleitet, in Entscheidungen eingebunden und in der gleichen Weise behandelt, wie die Kolleginnen sich untereinander behandelten.

Anmerkungen:

[1] Kopien beider Dokumente liegen im Anhang bei. [zurück]

[2] Diese Lösung wurde trotz allem als zeitgemäß begrüßt. Das sich der Museumsdirektor [Jörn Merkert / Crossover im Museum : oder : "durchBlicke durchBrüche": Die neue Berlinische Galerie ; in: MuseumsJournal, Nr. 122, 18. Jahrgang, Oktober 2004], sowie ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums [Guido Faßbender / Zwischen Kiez und Metropole : Der Neubau der Berlinischen Galerie in der Alten Jakobstraße ; in: MuseumsJournal, Nr. 111, 18. jahrgang, Juli 2004] in diese Richtung äußern, mag nicht verwundern. Aber auch in dem sich alternativ verordnenden Scheinschlag wurde diese Meinung vertreten [Johannes Touche / In der Welt der Industriebau-AG : die Berlinische Galerie ; in: Scheinschlag, Berliner Stadtzeitung, Nr. 6/04]. Das heißt allerdings nicht, dass sich der Bau auch in der Realität so funktionalistisch bewährt, wie er gefeiert wurde. [zurück]

[3] Etwas relativiert sich dieses Bild durch den Umstand, dass nie alle vier Angestellten gleichzeitig arbeiten und Hilfskräfte äußerst selten sind. Doch auch so bleibt ein freies Stück Schreibtisch eine Seltenheit. Verschärft wurde die Situation durch den Umstand, dass neben dem Autoren noch eine Person zur gleichen Zeit sein freiwilliges soziales Jahr zum Teil in der Bibliothek ableistete und eine weitere Person, die zur Zeit in einem Projekt der Agentur für Arbeit eingestelt ist, ebenfalls ein Praktikum absolvierte. Diese Person war allerdings als ausgebildeter Bibliothkesassistent für wissenschaftliche Bibliotheken quasi ein weiterer Angestellter. [zurück]

[4] Als allerdings einmal fünf Personen gleichzeitig in der Bibliothek arbeiten wollten, ging das nur, in dem sich alle sehr im Platz einschränkten und eine Nutzerin den Platz am Pult mitnutzte. Wie die Bibliothek ein größeres Nutzer/innenaufkommen, wie es von der Museumsleitung gewünscht wird, bewältigen soll, ist ungeklärt. Baulich gibt es keinen weiteren Platz. [zurück]

[5] Hier soll es nicht darum gegen Nicht-Bibliothekar/innen zu unterstellen, Medien entwenden oder beschädigen zu wollen. Es soll nur dargestellt werden, wie sorglos die Planung der Bibliothek durch Architekt/innen und leitende Angestellte vorgenommen wurde. [zurück]

[6] Um noch einmal darauf hinzuweisen: dieses Gebäude wurde gerade neu geplant und gebaut. Das heißt, all diese Probleme hätten vermieden werden können. Dass es in anderen Bibliotheken oft noch schlimmer ist, resultiert dort oft auch daraus, dass die Räume, die sie nutzen, beim Bau nicht für sie vorgesehen waren. [zurück]

[7] Da allerdings von diesem System Verlagspublikationen ausgeschlossen sind, dieses dagegen immer öfter für den Katalogdruck genutzt werden, ist keine Vollständigkeit gegeben. [zurück]

[8] Andere Museen dagegen weisen zum Beispiel auf ihren Homepages explizit auf die Möglichkeit solcher Unterstützungen hin, das Museum of Modern Arts [MoMa], New York, trotz aller Unterschiede eine Referenzinstitution der [BG], betreibt solche Kontaktpflege selbstverständlich. [zurück]

[9] Dabei bleibt die Frage offen, warum dies so ist. Sinkt die Attraktivität der Bibliothek mit der Zeit? Wenn ja, wieso? Oder sind Volontär/innen mehr auf die Bibliothek angewiesen, als andere Angestellte? Oder ist die Akzeptanz von Bibliotheken bei Jüngeren größer, als bei Erfahreneren? Und wenn ja, ist das ein langfristiger Effekt, der die Biblotheksaffinität der gerade 25 - 30jährigen Generation widerspiegelt? Oder ist das vielleicht ein Effekt des gerade erst von den Volontär/innen abgeschlossenen Studiums? Oder aber müssen diese sich erst in den Bestand einfinden, während ältere Mitarbeiter/innen schon wissen / zu wissen glauben, was der Bestand bietet und was nicht? [zurück]

[10] Theoretisch ist es den Nutzer/innen möglich, solche Geräte mitzubringen und zum Beispiel selber Photos zu machen. Die Frage ist, welche/r Nutzer/in dies tatsächlich tun wird. [zurück]

[11] Es sei den, was erlaubt ist, die Nutzer/innen brächten sie selber mit. Was bei CD-ROMs mit einem Laptop noch zu machen wäre, wird dann bei Videokassetten absurd. Das heißt praktisch, die nicht im Haus angestellten Nutzer/innen sind von der Nutzung der Videos und ähnlicher Medien letztlich ausgeschlossen. Das bedeutet gerade bei Aktionskunst, Performance und Videoinstallationen, die alle in der zeitgenössischen Kunst relevant sind und waren, einen Quasi-Ausschluß. [zurück]

[12] Es ist gewiss nicht vollkommen falsch, die Belanglosigkeit der Ausstellungen der [BG] trotz ihrer guten Bestände und die relativ schlechten Kritiken, die diese erhalten - abgesehen von den schlechten Besucher/innenzahlen - auf diesen Umstand zurückzuführen. [zurück]

[13] Nach Auskunft des Zuständigen für Allegro in der technischen Abteilung ist dieses Programm allerdings anders aufgebaut, als andere Datenbaken. Die Daten seien kleiner als erwartet. Wie das funktioniert, wußte er allerdings nicht. [zurück]

[14] Zur Geschichte, Ziele und Projekten des Arbeitskreises siehe www.akmb.de. Letztlich soll die Mitgliedschaft im AKMB nicht am Inhalt, sondern einzig am Geld gescheitert sein. Die Bibliothek konnte aus ihrem Etat die Mitgliedsbeiträge nicht mehr bezahlen. [zurück]

[15] In Frankfurt am Main hat eine Zusammenarbeit von Museumsbibliotheken zur Gründung des Verbund Frankfurter Museumsbibliotheken geführt, der heute - neben enger Zusammenarbeit und daraus resultierenden Synergieeffekten - zum Beispiel eine Recherche in den Beständen aller Museumsbibliotheken dieser Stadt und eine einfachere Ausleihe zwischen diesen Bibliotheken anbietet. [zurück]

[16] Dieses wird aufgrund rechtlicher Vorschriften der Haushaltabteilung immer noch per Hand geführt. [zurück]

[17] Darum und um die notwendigen Investitionen wird die Bibliothek nicht herumkommen, so sie den Anspruch Medien zur zeitgenössische Kunst sammeln zu wollen, gerecht werden will oder / und muß. Immer öfter wird das Internet zum Publikationsort von Kunst, teilweise auch schon zum Objekt der Kunst. Insoweit muß die Beschränkung auf Print-Medien unbedingt überwinden werden. Gerade hier wäre die Zusammenarbeit mit dem AKMB sinnvoll, da andere Museumsbibliotheken ähnliche Probleme haben werden. In diesem Zusammenhang wäre vielleicht auch einmal über einen "Doublettenserver" nachzudenken, einem zentral verwaltetet Server, der angeschlossenen Bibliotheken die Möglichkeit gegen könnte, Doublettenlisten in größerem Maße anzubieten und vor allem solche Listen zu durchsuchen. [zurück]

[18] Das heißt nicht, dass sie Ideen dazu nicht aufgeschlossen gegenüberstehen würden. Das Problem ist die praktische Umsetzung. [zurück]

[19] Hier nicht besprochen werden soll der offensichtlich in diesen Prozessen zutage tretende Geschlechteraspekt. Der männliche Chef aus einem ganz anderen Feld (Kunstwissenschaft) setzt sich regelmäßig über die weibliche Bibliotheksbelegschaft hinweg, denkt über die Entscheidungen aber noch einmal nach, wenn ein männlicher Angestellter der technischen Abteilung ihm widerspricht. Auf diese Weise dequalifiziert er die Bibliothekarinnen beständig. Der systematische Sexismus ist greifbar, bedürfte aber, insbesondere wenn es um die strukturelle Verankerung solcher Prozesse auch in anderen Bibliotheken geht, einer gesonderten Untersuchung der Geschlechterverhältnisse in und um Bibliotheken. Wenig überraschend wäre es, hier Strukturen vorzufinden, die Norbert Elias, bei der Analyse von studentischen Korporationen, Regierungen und christlicher Kirchen, als Männerbund beschrieben hat. [zurück]